In Sachen Abbau von Kies und Sand hat der Regionalverband Ruhr (RVR) gerade eine Bombe platzen lassen. Es gibt einen neuen Entwurf des Regionalplans (REP), der dazu führen könnte, dass rund 1.000 Hektar Niederrhein dem Bagger zum Opfer fallen könnten. Das Entsetzen ist groß im Kreis Wesel. Immer wieder höre ich dann die Forderung: „Wir müssen nur aus dem RVR aussteigen, dann löst sich das Kies-Problem.“ Warum das außer noch mehr Problemen nichts bringen würde, erkläre ich hier.
Nebelkerze RVR-Austritt
Die Austrittsforderung aus dem RVR erinnert mich ein wenig an den Brexit. Da wird mit Argumenten für einen Austritt geworben, die gar keine sind. Da wird zum Beispiel gesagt, dass das Ruhrparlament in Essen durch gegen die Pläne stimmen könne. Die Mehrheit liegt bei CDU und SPD. Stimmt. Theoretisch. Nehmen wir folgendes Beispiel: Eine politische Mehrheit im Rat der Stadt XYZ möchte, dass ab sofort nicht mehr „rechts vor links„, sondern „links vor rechts“ gilt. Die Mehrheit dazu haben sie ja. Sie beschließt die neue Regel und beauftragt die Stadtverwaltung, diese nun im Stadtgebiet umzusetzen. Problem: Es gilt die Straßenverkehrsordnung. Überall in Deutschland. Darüber kann man sich vor Ort nicht hinwegsetzen. Die Straßenverkehrsordnung könnte man allerdings ändern. Das kann dann aber nur der Bundestag.
Wer ist verantwortlich für die aktuellen Pläne?
„Wenn der RVR die Planungen erstellt hat, muss er doch auch verantwortlich sein…“ Ganz so einfach ist es leider nicht. Und hier komme ich wieder auf mein Beispiel zurück. Die politischen Vertreter im RVR haben beschlossen, dass es einen neuen Regionalplan geben muss. Notwendigerweise, weil Regionalpläne in regelmäßigen Abständen neu aufgestellt werden müssen. Mit der Aufstellung eines neuen Regionalplans wurde dann die RVR-Verwaltung beauftragt. Dies kann die Verwaltung aber nicht im luftleeren Raum. Sie muss sich nach den Planungsvorgaben des Landes NRW richten (wie im Beispiel die Straßenverkehrsordnung). Diese Planungsvorgaben macht der Landesentwicklungsplan (LEP). Viel Spielraum bleibt dem RVR also nicht. Sie muss den Plan nach Landesvorgaben aufstellen und dem Ruhrparlament sowie den Aufsichtsbehörden vorlegen.
Den LEP hat die aktuelle Landesregierung aus CDU und FDP 2019 verändert. Dabei hat sich nicht nur im Bereich Rohstoffversorgung einiges getan, denn der LEP legt viele Dinge in vielen Bereichen fest. Zum Beispiel: Siedlungsentwicklung für Wohnen, Handel, Gewerbe und Industrie oder Infrastrukturplanungen (Energie, Verkehr). Worauf ich hinauswill: Wie im Beispiel oben kann sich der RVR nicht über bestehende Vorgaben hinwegsetzen. Würde der RVR dennoch von den Vorgaben abweichen – er könnte es gar nicht. Die Aufsichtsbehörde, in diesem Fall das NRW-Wirtschaftsministerium, würde die RVR-Planer auflaufen lassen und ihnen die Lektüre des LEP empfehlen. Sechs, setzen: Der Plan würde von Düsseldorf zurück nach Essen gehen mit der Anweisung, sich an die LEP-Regeln zu halten.
Was veränderte der Landesentwicklungsplan 2019?
Im LEP 2019 haben sich zwei Dinge maßgeblich verändert, an die sich jede Verwaltung bei der Aufstellung eines REP richten MUSS. Die Versorgungszeiträume wurden von 20 auf 25 Jahre erweitert. Das führt zum einen zu mehr benötigten Flächen. Der andere Punkt ist komplexer und liegt in der Bedarfsermittlung. An ihr hat die aktuelle Landesregierung nicht gerüttelt, was nun aber auch zu mehr Flächen führt, denn aktuell gilt: Mehr Bedarf = mehr Flächen werden für Auskiesungen zur Verfügung gestellt. Als diese Bedarfsermittlung beschlossen wurde – im Übrigen noch durch eine rot-grüne Landesregierung – hat man versucht, objektive Kriterien anzulegen, indem man geschaut hat, was abgebaut wird. Davor wiederum war die Festsetzung der Mengen völlig willkürlich. Das Problem: Natürlich baut eine wirtschaftlich denkende Branche alles ab, was sie nur kann. Diese Bedarfsermittlung wird deshalb gerade zurecht – unter anderem durch Alpen, Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn und Rheinberg – beklagt.
Rückblickend war diese Regelung des Bedarfs nur ein erster Schritt, der nicht reicht, um den Verbrauch zu senken. Im Gegenteil. Die SPD-Fraktion im NRW-Landtag hat deshalb Stellung bezogen und fordert, Ressourcen zu schonen und Flächen zu schützen, um Heimat zu bewahren: Link zum SPD-Positionspapier. Wir müssen aussteigen aus der Förderung von Kies und Sand. Das geht, indem man mehr Bauschutt recycelt. Einstweilen müssen wir vor Ort gegen jede neue Ausweisung angehen. Ohne Groll gegen den RVR, denn der liefert nur, was die Landesregierung bestellt hat!
Danke René für die ausführliche Erklärung über die Zusammenhänge und die Aufgaben der Institution RVR
Hervorragende Darstellung der Problematik um diesen RVR-Regionalplan. Was ja noch erwähnt werden kann, ist ja der Sachverhalt, dass die Landesregierung sich uneingeschränkt hinter die Bedarfsangaben der Kiesindustrie stellt, die aber – so wird es von vielen beobachtet – Kiesmengen erfassen, die großteils in den Export gehen. Außerdem wir von der Kiesindustrie eine Recyclingquote benannt, die eindeutig daduch „geschönt“ wird, dass Strassen-Bauschutt mit eingerechnet wird. Und diese Landesregierung stellt sich aber weiter hinter diese Kiesindustrie.