Kies- und Sandabbau im Kreis Wesel
Worum geht es?
Am Niederrhein liegen viel Kies und Sand. Sie werden zum Bauen gebraucht. Die Gewinne aus dem Verkauf kommen jedoch allein den Abbau-Unternehmen zu Gute. Der gesellschaftliche Schaden, der dadurch entsteht, dass die Flächen anschließend nicht mehr richtig genutzt werden können, trägt die Allgemeinheit. Auch die Pflege von Baggerlöchern, die jetzt zur Naherholung genutzt werden (an der Xantener Südsee zum Beispiel) bezahlen wir alle.
Immer mehr Kies und Sand soll nun abgebaut werden, um damit Häuser, Brücken und Straßen überall auf der Welt zu bauen. Weil dadurch jedoch ganze Landschaften zerstört werden, regt sich der Widerstand vor Ort. Trotzdem geht der Abbau von Kies und Sand Jahr für Jahr weiter. Die Landesregierung aus CDU und FDP hat 2019 im Landesentwicklungsplan (LEP) neue Ziele für die Rohstoffversorgung beschlossen. Zum Beispiel, wie lange die Kies- und Sandreserven reichen müssen. Das führte schon 2019 zu viel Kritik - siehe Video.
Unsere zuständige regionale Planungsbehörde (Regionalverband Ruhr, RVR) musste daraufhin die Pläne umsetzen und Flächen festlegen. Das hat der RVR aktuell mit dem Entwurf eines Regionalentwicklungsplans getan, sodass jetzt rund 1000 Hektar Fläche für den zukünftigen Abbau von Sand und Kies vorgesehen sind.
Das kann so nicht mehr länger gut gehen. Denn es passiert auf dem Rücken der Landwirte, die dauerhaft Flächen für Ackerbau und Viehzucht verlieren. Es passiert auf dem Rücken von Häuslebauern und Industrieunternehmen, die nicht auf Wasser bauen können. Es passiert auf dem Rücken von Flora und Fauna, wenn intakte Lebensräume weggebaggert werden. Und es passiert letztlich auf dem Rücken aller Menschen am Niederrhein, die Hektar um Hektar unberührter Natur verlieren. Natur, in der man Fahrradfahren und spazieren gehen kann. Eine Landschaft, die unsere Heimat ist. Sie ist so wertvoll, dass sich der Kampf darum lohnt.
Was ist der aktuelle Stand?
Insgesamt rund 1000 Hektar Fläche verplant der Regionalverband Ruhr (RVR), aufgrund von Vorgaben der schwarz-gelben Landesregierung, in unserer Region für den Abbau von Kies und Sand. Das entspricht unvorstellbaren 1400 Fußballfeldern. Zusammengefasst bedeuten die Pläne, dass in den kommenden Jahrzehnten neue Baggerlöcher entstehen in...
Das Teilen des folgenden Kartenmaterials ist ausdrücklich erlaubt.
Alpen
Drüpt: 101,7 ha
Drüptsche Ley: 76,3 ha
(etwa ein Drittel auf Alpener Stadtgebiet, die übrige Fläche auf Rheinberger Stadtgebiet)
Huck: 43,7 ha

Kamp-Lintfort
Niephauserfeld: 61,9 ha
Rossenray: 29,1 ha
Saalhoff Nord: 56,9 ha
Saalhoff Süd: 82,1 ha

Neukirchen-Vluyn
Trixweg: 9,5 ha
Rayen Nord: 60,4 ha
Rayen Süd: 50,9 ha
Boschheide: 71 ha

Rheinberg
Im Winkel: 65,4 ha
Vierbaum: 95,9 ha
Erweiterung Haferbruchsee: 14,1 ha
Drüptsche Ley: 76,3 ha
(rund zwei Drittel auf Rheinberger Stadtgebiet, die übrige Fläche in Alpen)

Duisburg
Rheinbogen Homberg: 22,7 ha
Hamminkeln
Dingden: 149,7 ha
Wesel
Harsumer Graben: 7,9 ha
Hünxe
Erweiterung Tenderingssee Süd: 13,8 ha
Erweiterung Tenderingssee Nord: 49 ha
Erweiterung Tenderingssee Ost: 10,9 ha

Was kann ich tun gegen den Abbau von Kies und Sand?
Wir müssen weiter mobilisieren. So viele Menschen wie möglich müssen von den Plänen erfahren. Und die Bürgerinitiativen brauchen Unterstützung. Neben der Dachorganisation, dem Aktionsbündnis Niederrheinappell e.V., gibt es zum Beispiel folgenden Bürgerinitiativen vor Ort:
Bürgerinitiative Kiesgegner Alpen/Millingen
Heier Kiesgegner
Kieswende Rheinberg
Mitgestalten Neukirchen-Vluyn
Rettet das Wickrather Feld - IG Dachsbruch
Kiesausstieg Kamp-Lintfort / Saalhoff
Die Unterlagen sind zwar bereits im Sitzungsinformationssystem des RVR abrufbar. Formal muss aber erst noch ein Gremium die so genannte "Offenlage" beschließen. Das soll im Dezember geschehen. Erst dann findet eine weitere Beteiligung von Behörden, öffentlichen Stellen und der Öffentlichkeit statt. In diesem Rahmen kann dann auch jeder formell Widerspruch einreichen. Die Frist endete am 29. April. Nun muss der RVR die Stellungnahmen auswerten und vor dem Hintergrund der erfolgreichen Kies-Klage abwägen wie es mit dem Regionalplan weitergeht. Wer sich meine Stellungnahme ansehen will: Sie ist über diesen Link einsehbar. (Stand: Mai 2022)
Langfristig muss jedoch ein Umdenken auf politischer Ebene her. Wir können - insbesondere mit Blick auf den Klimawandel und seine Folgen - endliche Ressourcen nicht weiter maßlos abbauen und damit intakte Lebensräume zerstören. Auf Landesebene können wir etwas ändern, indem ein neuer Landesentwicklungsplan verabschiedet wird, der andere Ziele verfolgt. Die SPD-Fraktion im NRW-Landtag hat deshalb Stellung bezogen. Hier geht es zum Positionspapier meiner Partei, die - im Gegensatz zur aktuellen schwarz-gelben Landesregierung - Ressourcen schonen, Flächen schützen und Heimat bewahren will: Link zum SPD-Positionspapier.
Was passiert, wenn der Kies-Abbau nicht gestoppt wird?
Seit Jahrzehnten werden am Niederrhein Rohstoffe abgebaut. Ob Kohle oder Kies und Sand. Um 1900 prägten insbesondere natürliche Flächen und Gewässer die niederrheinische Landschaft. Rund 100 Jahre später sind viele Flächen im Kreis Wesel durch Wohnen, Gewerbe und Industrie versiegelt (in den Karten grau eingezeichnet).
Zu den bestehenden versiegelten Flächen gesellten und gesellen sich noch sämtliche Flächen, die im Zusammenhang mit dem Abbau von Kies und Sand stehen und in Zukunft stehen könnten (rot eingezeichnet). Darunter künstliche Wasserflächen wie Baggerlöcher, ausgebeutete Flächen nach Trockenauskiesungen, aktuell aktive Betriebsgelände und potenzielle Abbauflächen.
Unter den künstlichen Wasserflächen sind zum Beispiel auch Xantener Nord- und Südsee oder der Weseler Auesee. Diese sind entstanden, weil Kies und Sand abgebaut wurden und das Grundwasser anschließend die Baggerlöcher gefüllt hat. Beide Beispiele sind die Leuchtturmprojekte der Industrie und werden gerne als vorbildliche Renaturierungsprojekte gerühmt. Das Problem: Dort, wo heute Wasserflächen sind oder bei tiefen Grundwasserständen trockene Löcher zurückbleiben, kann nichts Neues mehr entstehen. Auskiesungsflächen stehen weder für Ackerbau zur Verfügung noch für Naherholung, Wohngebiete oder anderweitige Nutzung.
Sicherlich sind beide Gewässer zurecht gute Beispiele für eine vernünftige Nachnutzung. Es gibt allerdings zwei massive Schwierigkeiten: Bedarf und Nachfrage für Wassersport-Gebiete wie die Xantener Nord- und Südsee sind endlich. Außerdem bleibt die Allgemeinheit auf den Folgekosten für Pflege und Instandhaltung sitzen. Hinzukommt, dass mit jedem neuen Baggerloch die Schutzschicht für unser Trinkwasser kleiner wird. Was wiederum mit Blick auf den Klimawandel zunehmend problematisch werden wird.
Wenn sich nichts an unserem Umgang mit endlichen Ressourcen wie Kies und Sand ändert, werden die Planungsbehörden auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten Flächen ausweisen müssen. Der RVR hat neben den neuen Flächen bereits weitere 15.000 Hektar identifiziert, an denen es munter weitergehen könnte, wenn die aktuellen 1000 Hektar einmal ausgebaggert sein sollten. Die folgenden Karte listet diese Flächen auf (Quelle: RVR). Dann würde unser Niederrhein endgültig verschwinden...

Warum ist der Niederrhein vom Kiesabbau so stark betroffen?
Der Fluss, der unserer Region den Namen gibt, hat sich in den vergangenen Jahrhunderten immer neue Betten gesucht. Heute fließt der Rhein zwischen Rheinberg und Voerde, Xanten und Wesel. Doch dort, wo er früher einmal für fruchtbare Wiesen und Äcker gesorgt hat, liegen heute noch Kies und Sand. Das weckt Begehrlichkeiten, denn Baustoffe werden gebraucht für den Bau von Häusern, Brücken und Straßen. Aber es gibt Alternativen.
Was ist meine Position?
NRW braucht eine landesweite Rohstoffstrategie, die den verantwortungsvollen Abbau oberflächennaher, nicht-nachwachsender Rohstoffe zum Ziel hat. Dazu gehört auch eine Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenabbau beziehungsweise -einsatz. Dies geht mit einer kritischen Überprüfung des Bedarfsbegriffs einher: Künftig darf der Bedarf nicht mehr allein aus den aktuellen Fördermengen berechnet werden. Im Falle von Kies und Sand wollen wir die Förderung schrittweise zurückführen und den als Baustoff benötigten Primarrohstoff parallel dazu durch recycelten Bauschutt ersetzen. Da, wo eine Substitution endlicher Rohstoffe nicht umgesetzt kann, müssen über Forschung und Entwicklung schnellstmöglich Alternativen gefunden werden, damit wir unsere Heimat auch für kommende Generationen bewahren können. Deshalb werden wir in die Baustoff-Forschung sowie die Entwicklung modernen Recycling-Anlagen investieren. Diese sollten, wenn möglich, dort entstehen, wo absehbar Förderstätten durch Aufbereitungsstätten ersetzt werden könnten. Unter diesen Gesichtspunkten werden wir den Landesentwicklungsplan entsprechend anpassen sowie den Versorgungszeitraum wieder auf 20 Jahre verkürzen.
Alle Angaben sind ohne Gewähr. Die Informationen dieser Internetseite sowie der Angaben im Kartenmaterial wurden sorgfältig recherchiert. Trotzdem kann keine Haftung für die Richtigkeit der gemachten Angaben übernommen werden.