Beste Bildung braucht Breitband. Warum? Früher konnten Schulen und Berufskollegs doch auch ganz gut ohne auskommen. Warum Bildungseinrichtungen auf eine gute Internetverbindung angewiesen sind und wie es aktuell um die digitale Infrastruktur bestellt ist, erfährst Du hier.
Im Alltag Digital Natives
Das Internet ist inzwischen Teil unseres Lebens. Smartphone und PC haben die Arbeit und Lebensgestaltung von Erwachsenen deutlich verändert. Das macht auch nicht Halt vor unserem Nachwuchs: Ich sehe es jeden Tag bei meinen Söhnen. Digitale Medien sind im Alltag allgegenwärtig. Kinder und Jugendliche grenzen online und offline durch den natürlichen Umgang mit digitalen Medien nicht mehr groß voneinander ab. Sowohl virtuelle als auch reale Erlebnisse sind Teil ihres Lebens.
Bildungseinrichtungen wie Schulen oder Berufskollegs könnten diese Lebensrealität zwar aussperren, doch ist es viel sinnvoller, diese aufzugreifen und geschickt in der Bildung zu nutzen. Der digitale Wandel unserer Gesellschaft darf nicht vor der Klassentür Halt machen.
Doch um digitale Medien sinnvoll nutzen zu können, benötigt es die technischen Voraussetzungen. Bildung braucht Breitband! Schüler:innen, Studierende und Lehrkräfte müssen Zugang zu digitalen Lernmethoden erhalten, die digitale Infrastruktur in den Schulen muss verbessert, der verantwortungsvolle, zielgerichtete Umgang mit Medien gefördert werden.
Schulen noch immer im Zeitalter des Overheadprojektors?
Wie steht es um die digitale Infrastruktur in den Bildungseinrichtungen?
Erfahrungsbericht einer Lehrerin
Vergangene Woche habe ich mich mit einer Lehrerin aus dem Kreis Wesel über den Stand der Digitalisierung an ihrer Schule unterhalten. Sie zeichnete ein positives Bild, zumindest was die vorhandene Hardware angeht: Einige der Klassenräume hätten inzwischen digitale Tafeln, im Laufe der nächsten Jahre sollen auch die anderen Räume damit ausgestattet werden. In einzelnen Klassenräumen bestimme jedoch weiterhin der Overheadprojektor das Bild. Alle Lehrer:innen hätten inzwischen Dienst-iPads, die je nach Lehrkraft in Kombination mit der digitalen Tafel oder dem Beamer genutzt würden. Auch immer mehr Schüler:innen nutzten Tablets als Heftersatz. Das heißt, sie arbeiten im Unterricht komplett digital mit. Zusätzlich besitzt die Schule Tablet-Koffer, die für Recherchen oder andere Aufgaben ausgeliehen werden können.
Das WLAN sei jedoch extrem unzuverlässig, erzählt sie. Es gäbe wohl immer wieder Probleme mit den Access Points und selbst wenn alles funktioniere, seien es insgesamt schlicht zu viele Personen, die sich gleichzeitig in das WLAN einwählen. Lehrer:innen müssten daher oftmals ihr privates Datenvolumen nutzen oder die Video-/Audio-Materialien vor der Unterrichtsstunde sicherheitshalber zuhause runterladen.
Digitales Lernen nimmt zu
Digitale Lehr- und Lernangebote haben in den vergangenen beiden Jahren enorm an Beliebtheit zugelegt. Insbesondere der Distanzunterricht während der Corona-Pandemie hat die Notwendigkeit solcher Angebote deutlich gemacht. Die meisten Schulen haben diese Zeit gut gemeistert, einige besonders herausragende Beispiele findet man hier beim Ministerium für Schule und Bildung NRW.
Schulen und Schulträger haben in den vergangenen Monaten und Jahren vermehrt digitale Endgeräte angeschafft und die digitale Infrastruktur ausgebaut. Mit dem DigitalPakt Schule steht seit 2019 Geld vom Bund bereit, das ausschließlich in die Digitalisierung der Schulen fließt.
In den meisten Schulen läuft die Kommunikation mit den Schüler:innen, Eltern und Lehrkräften bereits nur noch digital per Mail oder App. Das Klassenbuch wird heute in den meisten Fällen digital geführt. Per App können so Abwesenheiten, Lehrstoff oder Hausaufgaben für alle zugänglich eingetragen werden. Für Fernunterricht stehen virtuelle Klassenzimmer oder Meetingräume zur Verfügung. Zusätzlich gibt es digitale Lernspiele, fächerübergreifende Lernplattformen sowie Tools für Präsentationen oder Gruppenarbeiten und Online-Lehrinhalte, mehr Infos dazu gibt’s u.a. hier.
Nachsitzen für die digitale Bildung
Für Bestnoten in der digitalen Bildung fehlt es jedoch noch an Einigem: Endgeräte, stabile Internetverbindungen, datensichere Lernplattformen und sinnvolle medienpädagogische Konzepte. Über zwei Jahre nach Ausbruch der Corona-Pandemie sind Deutschlands Schulen immer noch nicht optimal für einen digital unterstützten Unterricht ausgerüstet worden. Das ergab eine Umfrage des Deutschen Philologenverbandes (DPhV) unter knapp 7.000 Lehrkräften bundesweit im November 2021. 43% der Lehrkräfte hatten bis dato noch immer kein digitales Endgerät erhalten. 50% gaben an, an Schulen zu unterrichten, an denen das WLAN nicht optimal für den Unterricht nutzbar ist. Fällt das Internet aus oder ist nur unzureichend verfügbar, können die meisten digitalen Tools nicht mehr genutzt werden. Hier nur einige Beispiele:
- Das digitale Klassenbuch kann nicht mehr innerhalb der Unterrichtsstunde geführt werden.
- Der Einsatz von Videos und Audios während des Unterrichts ist unzuverlässig und teilweise gar nicht möglich.
- Per Cloud synchronisierte Unterrichtsplanungen sind nicht verfügbar.
- Arbeitsphasen der Schüler:innen z.B. bei Planung von Referaten sind nicht möglich, oder die Lehrkraft muss den Schüler:innen einen Hotspot einrichten.
- Arbeit in den Freistunden ist nicht möglich, da es keinen Zugriff auf Internet oder in Cloud gespeicherte Dateien gibt.
Bildung braucht Breitband
Zur zeitgemäßen digitalen Ausstattung einer Schule gehört deshalb die breitbandige Internet-Anbindung. Viele Schulen verfügen bislang nur über einen moderat leistungsfähigen DSL-Anschluss. Für die digitale Mediennutzung und für IT-Services ist das nicht zukunftsfähig. Nicht selten hat der DSL-Anschluss zu Hause eine größere Datenübertragungsrate als der einer ganzen Schule, den sich dort viele Nutzer:innen teilen.
Wie die folgende Grafik von Statista zeigt, ist Breitband gerade im ländlichen Raum kaum verfügbar. Nur 16,3% der Schulen in Landgemeinden hatten 2021 die Möglichkeit eines Breitbandanschlusses. Selbst in kleineren Großstädten sind es nur 53% der Schulen, die über eine gute Internetverbindung verfügen.
Breitband für Kamp-Lintforter Schulen
Im Rahmen des Breitbandausbaus in der Wir4-Region erhalten 66 Schulstandorte in Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn, Moers und Rheinberg eine direkte Glasfaseranbindung mit Übertragungsraten von bis zu 1.000 Megabit. In der vergangenen Woche kündigte die Stadt Kamp-Lintfort an, dass die Deutsche Telekom nun mit dem Ausbau des Netzes in Kamp-Lintfort beginnt. Eine erfreuliche Nachricht! In drei Ausbauclustern werden bis Juni 2024 nun die zuvor ermittelten unterversorgten Gebiete erschlossen. Insgesamt elf Schulen sind mit dabei und haben damit hoffentlich schon bald mehr Möglichkeiten zur Digitalen Bildung.
Digitalpakt Schule 2.0 muss kommen
Die Bundesregierung hat mit dem Digitalpakt eine große Chance für die Länder und Kommunen eröffnet, die Digitale Bildung an den Schulen endlich wirkungsvoll voranzubringen. Das Land NRW hat das Paket mit der Digitalstrategie Schule NRW noch ausgebaut. Nach Kritik u.a. von der SPD-Landtagsfraktion, dass alleine Geld bereitstellen nicht helfe, hat das Schulministerium in diesem Jahr zumindest auf einen Teil der Kritik mit der Digitalen Fortbildungsoffensive reagiert.
Dennoch bleiben einige Fragen offen: Wie wird die Wartung und der IT-Support der Hardware organisiert und weiter finanziert? Wie will die Landesregierung den Datenschutz regeln? Wer ist für die Anschaffung der Endgeräte zuständig? Fallen sie unter die Lernmittelfreiheit? Alle Kinder und Jugendlichen müssen bestmöglich auf das Leben und Arbeiten in einer durch Digitalisierung geprägten Welt vorbereitet werden. Mit dem Betrieb von bereits beschafften und noch zu beschaffenden Geräten, Netzen und Anwendungen sollten die Schulen nicht alleine gelassen werden. Die Städte als Schulträger müssen sie mit professionellen Betriebs- und Supportstrukturen unterstützen. Das Geld dafür muss vom Land kommen.
Doch all diese Diskussionen sind erstmal zweitrangig, wenn wir eines nicht berücksichtigen: Digitaler Unterricht steht und fällt mit einer zuverlässigen Internetverbindung. Daher muss der Breitbandausbau so schnell wie möglich vonstattengehen. Denn: Beste Bildung braucht Breitband!