Elektroautos werden immer beliebter. Sie gelten als umweltfreundlich, weil sie im Gegensatz zum klassischen Verbrennungsmotor keine direkten Emissionen beim Fahren erzeugen. Die Zulassungszahlen für Elektroautos stiegen zuletzt rasant. Doch wie umweltfreundlich sind Elektroautos wirklich? Darüber habe ich mir mal Gedanken gemacht.
Abgasfrei fahren mit Elektroauto?
Rein batterieelektrische Fahrzeuge haben keinen Auspuff und fahren abgesehen von Partikelemissionen (Mikroplastik) durch Reifen- und Bremsabrieb sowie der Wiederaufwirbelung von bereits am Bodenbelag befindlichen Schadstoffen, lokal emissionsfrei. Das schreibt das Bundesumweltministerium (BMU) in seiner Bilanz Anfang 2021.
Da die tatsächliche Gesundheitsbelastung der Menschen durch Stickoxide und Feinstaub vom Ort der Emissionen abhänge – es also darauf ankomme, was direkt aus dem Auspuff kommt – hätten Elektrofahrzeuge hier deutliche Vorzüge im Stadtverkehr. Auch das Fraunhofer-Institut betont die ökologischen Vorteile bei der Fahrt bezogen auf Sommersmog (Ozon) und Treibhausgasemissionen.
Strommix ist entscheidend
Der Strommix entscheidet mit darüber, ob ein Elektroauto in der Klimabilanz besser abschneidet als ein Verbrennerfahrzeug. Auch wenn Elektroautos abgasfrei fahren, stoßen Kraftwerke bei der Erzeugung des Ladestroms durchaus Treibhausgase aus, wenn dabei fossile Energieträger wie Kohle zum Einsatz kommen.
Elektroautos werden vor allem dann besser als Verbrenner, wenn wir erneuerbare Energien weiter ausbauen, erklären das BMU und das Fraunhofer-Institut in ihren Publikationen. 2019 wurden bereits rund 42 Prozent erneuerbare Energien genutzt. Daher fahren Elektroautos schon heute deutlich klimafreundlicher als Verbrennerfahrzeuge. Die Betonung liegt hier auf dem Fahren, da auch die Herstellung im nächsten Schritt beleuchtet werden muss. Ob unser Stromnetz dem Mehrverbrauch gewachsen ist, darüber schreibt das BMU hier.
Aufwändige Herstellung
Betrachtet man die Emissionsbelastung bei der Herstellung der Fahrzeuge und deren Antriebe ist vor allem die Fahrzeugherstellung selbst – beim Elektroauto wie beim Verbrenner – am problematischsten. Insbesondere die Stahlherstellung führt laut BMU zu hohen Feinstaubemissionen. Auch andere Metallerzeugnisse, wie beispielsweise für die Batterie sind mit hohen Feinstaubbelastungen verbunden.
Die Produktion der Batterien für Elektroautos braucht enorm viel Energie. Elektroautos schleppen deshalb bereits schon zu Beginn ihres Lebenszyklus einen Rucksack an CO₂ mit ins Leben, der aufgrund der aufwendigen Herstellung deutlich größer ist als bei Verbrennern. Das Fraunhofer-Institut hat einen Faktencheck zu Batterien für Elektroautos veröffentlicht. Darin schreiben die Forschenden, dass je nach Energiequelle, -effizienz der Produktion und Batteriegröße zwischen 70 und 130 Prozent höhere Treibhausgasemissionen als bei der Herstellung von Benzin- und Dieselfahrzeugen anfallen.
Bezogen auf das tatsächliche Gesundheitsrisiko für Menschen ist jedoch auch von Bedeutung, wie oft und stark sie den entstehenden Schadstoffen ausgesetzt sind. Die Herstellung von Fahrzeugen findet üblicherweise außerhalb von dicht bevölkerten Gebieten statt.
Abbau der Rohstoffe nicht unproblematisch
Für die Herstellung von Batterien werden eine Reihe von Rohstoffen benötigt, zum Beispiel Aluminium, Kobalt, Mangan, Kupfer, Lithium und Graphit. Der Abbau dieser Rohstoffe ist nicht unproblematisch. Ihr Abbau hat in den Abbaugebieten oft weitreichende soziale und ökologische Konsequenzen:
Bei der Gewinnung von Lithium aus Salzseen in Chile, Argentinien oder Bolivien wird viel Wasser benötigt, das dann verdunstet (s. auch Fraunhofer- und Öko-Institut). Dieser Wasserverbrauch stellt in den ohnehin schon sehr trockenen Gebieten ein großes Konfliktpotenzial mit der indigenen Bevölkerung dar.
Um die Hälfte der globalen Kobaltproduktion stammt aus der Demokratischen Republik Kongo. Der Abbau dort geschieht oft unter schlechten Arbeitsbedingungen, es fehlt an Arbeitsschutzmaßnahmen. Auch Kinder werden für Zuarbeiten beim Abbau beschäftigt. Laut dem Fraunhofer Institut würde ein Boykott der Firmen den beteiligten Menschen jedoch nicht helfen. Vielmehr müssten die Bedingungen reguliert und damit verbessert werden. Greenpeace und das Öko-Institut kritisieren auch den Nickelabbau in Kanada und Russland sowie den Grafitabbau in China als in Teilen umweltbelastend.
Es lässt sich festhalten: Die Rohstoffbeschaffung für Elektroautos ist nicht konfliktfrei. Allerdings führt auch die Erdöl- und Platinförderung für Verbrenner zu sozialen und ökologischen Problemen. Hier sind die nationalen Regierungen und auch die Autohersteller gefragt, das zu ändern. Autohersteller suchen sich ihre Zulieferer aus und können dabei auf Sozial- und Umweltstandards bestehen.
Gibt es genügend Rohstoffe?
Studien zeigen, dass die weltweiten Vorkommen von Lithium, Kobalt, Nickel und Grafit den Bedarf deutlich übersteigen (siehe beispielsweise Fraunhofer Institut oder Agora Verkehrswende). Engpässe könnte es laut Öko-Institut e.V. nur dann geben, wenn Förderstätten nicht rechtzeitig erschlossen werden. Forschende des Fraunhofer Instituts und des BMU weisen daraufhin hin, dass die Entwicklung von Batterien stetig voran gehe. Das würde die Nachfrage nach manchen Rohstoffen ebenfalls entspannen.
Im Gegensatz zum Rohöl für Verbrennungsmotoren hätten die benötigten Rohstoffe für Batterien den Vorteil, zu einem Großteil recycelbar zu sein. Greenpeace schreibt in einem Bericht, dass irgendwann für den weltweiten Bedarf genug abgebaut sei und die vorhandenen Rohstoffe wiederverwendet werden können. Rohöl ist nach Gebrauch nicht mehr nutzbar. Außerdem könnten laut Agora Verkehrswende durch den Einsatz von Elektrofahrzeugen bis 2050 über 1,5 Milliarden Tonnen Rohöl eingespart werden.
Was passiert mit alten Batterien?
Durch die ständige Nutzung der Batterien sinkt langsam ihre Kapazität und somit auch die Reichweite des Elektroautos. Die Akkus könnten dann ausgetauscht und für andere Zwecke weiter genutzt werden.
Zweitnutzung
Batterien könnten in ihrem zweiten Leben als stationäre Stromspeicher weitergenutzt werden, beispielsweise für Photovoltaik-Anlagen (s. hierzu Fraunhofer Institut oder Greenpeace). Bisher spielt die Zweitnutzung von Batterien noch keine große Rolle, das werde sich aber mit steigendender Elektromobilität ändern. Es sei jedoch noch nicht abzuschätzen, wie viele noch ausreichend leistungsstarke Batterien in Zukunft verfügbar sind.
Recycling
Haben die Batterien dann ihren Dienst getan, folgt als nächster Schritt das Recycling. Bis zu 95% der relevanten Funktionsmaterialien von Lithium-Ionen-Batterien (Kobalt, Nickel und Kupfer) könnten laut Greenpeace zurückgewonnen werden. Auch das Fraunhofer-Institut hält das Recycling von Batterien für sinnvoll. Auch die die Rückgewinnung von Lithium ist möglich, aktuell wohl aber noch zu unwirtschaftlich aufgrund der günstigen Rohstoffpreise.
Die Möglichkeiten des Batterierecyclings machen die Vorteile des Elektroautos besonders deutlich. Recycling von Gerätebatterien ist in der EU bereits etabliert, bei großen Fahrzeugbatterien werde das Recycling jedoch deutlich aufwändiger und die Wirtschaftlichkeit daher in Frage zu stellen, meinen die Forscher:innen des Fraunhofer-Instituts.
Gesamten Lebenszyklus betrachten
Um die Ökobilanz eines Fahrzeugs beurteilen zu können, muss man den gesamten Lebenszyklus betrachten. Das heißt von der Fahrzeug- und Batterieherstellung über die Kraftstoff- und Stromproduktion bis hin zum Recycling. Wie bereits erwähnt, schleppen Elektroautos durch ihre energiereiche Herstellung einen Rucksack voller CO₂ mit in ihr Leben. Laut ADAC wird der CO₂-Nachteil ab einer Fahrleistung von 50.000-100.000 Kilometern ausgeglichen.
Das International Council on Clean Transportation hat im Juli 2021 eine umfangreiche Analyse zum Lebenszyklus eines Elektroautos veröffentlicht. Die Forschenden kommen zu einem deutlichen Ergebnis: Bereits jetzt seien Elektroautos deutlich klimaschonender als Benzin- und Dieselfahrzeuge. Wie viel besser, darin ist sich die Forschung nicht einig. Während das ICCT von 66-69% weniger Emissionen als bei Verbrennern spricht, weist das Fraunhofer-Institut eine Zahl von 15-30% aus. Auch das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) kommt auf etwa 30 Prozent weniger Klimagase als heutige Benzinfahrzeuge. Auch gegenüber Hybrid- und Dieselfahrzeugen schneidet das Elektrofahrzeug besser ab.
Worin sich die Wissenschaftler:innen einig sind: Geht die Energiewende gut voran, verbessert sich automatisch auch die Ökobilanz des Elektroautos. Wenn Elektroautos komplett mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden, könnten sie laut ICCT bis zu 81 Prozent und laut ifeu 42 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen.
Bei den anderen Umweltwirkungen ergibt sich ein differenzierteres Bild: Der Rohstoffaufwand ist bei Elektroautos höher als bei Verbrennern und auch bei den Stickoxidemissionen könnten Dieselfahrzeuge im gesamten Lebenszyklus mittlerweile besser dastehen, meint das BMU. Jedoch wird betont, dass die tatsächliche Gesundheitsbelastung vom Ort der Emissionen abhänge. Es spiele eine Rolle, was direkt am Auspuff auskomme. Elektrofahrzeuge hätten gerade wegen ihrer lokalen Emissionsfreiheit weiterhin Vorteile.
Mobilität muss sich verändern
Jede Form von Antriebstechnologie hat Auswirkungen auf die Umwelt, deshalb muss sich neben alternativen Antrieben auch das Mobilitätsverhalten verändern. Einfach alle Diesel- und Benzinfahrzeuge durch ein Elektroauto zu ersetzen kann daher nicht die Lösung sein (s. Fraunhofer-Institut, BMU oder Greenpeace).
Wir brauchen schlicht weniger Autos. Das gilt vor allem für die Städte. Hier verschwenden die vielen Autos wertvollen Platz. Sie stehen täglich mehr rum als dass sie fahren. Elektroautos machen zwar weniger Lärm und Abgase, aber sie verbessern weder die Verkehrssituation noch das Problem der Ressourcenverschwendung. Aus diesem Grund müssen wir verstärkt Alternativen ausbauen. Das würde auch die Städte wieder lebenswerter machen – mit einem attraktiven ÖPNV, mehr Platz für Radfahrer:innen und Fußgänger:innen und kurzen Wegen zwischen allem, was wir zum Leben benötigen.
Es wird aber auch weiterhin Autos zur Fortbewegung geben. Deshalb muss der Autoverkehr klima- und umweltfreundlicher werden. Dabei kann das Elektroauto einen zunehmend wichtigen Beitrag leisten, wie meine Recherchen zeigen. Elektroautos haben schon heute gegenüber den Verbrennerfahrzeugen deutliche Vorteile, die sich mit der Entwicklung der Energiewende und neuen Rohstoff- und Recyclingverfahren noch verstärken werden. Und zu guter Letzt machen wir uns – zumindest beim Betrieb der Autos – unabhängiger von fossilen Energieträgern. Ein Vorteil, wenn man aktuell an die enorme Abhängigkeit von Ländern wie Russland denkt…
Hallo René, danke für das Befassen mit diesem zukunftswichtigen Thema und der klugen Analyse. Gerade die Rohstofffrage, die mich schon seit Jahren beschäftigt, ist ein großes Hemmnis für den – bzw.Argument gegen Wechsel zu einem E-Auto. Hier sei noch erwähnt, dass ausgerechnet in Afghanistan grosse Lithium vorkommen (und weitere Rohstoffe) festgestellt wurden, an denen die grossen ‚E-Auto- Akkubauer‘ Interesse haben. Zu den größten E-Autoherstellern gehört ‚China‘. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass dieses grausame Talibanregime den ‚Sturm auf Kabul‘ nur wenige Wochen nach Verhandlungen des Talibanführers in China begannen. Seit der -‚erfolgreichen ‚ Eroberung ‚ Afghanistans durch diese frauenfeindlichen Taliban gibt es in Kabul vermehrt chinesische Ortsschilder, Kabul heißt jetzt – inoffiziell- Chinatown. Dies kann man in Wikipedia zu den Suchbegriffen ‚Afghanistan/ -unter Rohstoffe‘ und ‚Taliban‘ nachlesen.
Nun meine Gedanken zu der Notwendigkeit eines schonenden Einsatzes von knappen Recourcen:
1. E- Autos sollten m.E. bis zu einer ‚Maximalgrösse bzw.Leistung bzw.Gewicht – steuerlich gefördert werden. Die Subventionierung sollte also deutlich unter der ‚Tesla- klasse‘ enden. E- Autos sollten- allein auch wegen der eingeschränkten Reichweite – erst recht im Winter- im Wesentlichen – für innerörtliche Nutzung vorgesehen werden.
2. Für ‚Ausserorts-Nutzung‘ sollten – wegen der größeren Reichweite – dann doch Wasserstoff-Pkws vorgesehen- und steuerlich gefördert werden. Natürlich muss dafür dann auch die H2- Tankstellen-Infrastruktur ‚angeschoben ‚ werden. Dazu aktuell die Frage, wie der aktuelle Stand hinsichtlich der Pläne zur Wasserstoff-Produktion an der MVA Asdonkshof ist? Zunächst sollten dort ja LKWs und Busse (die – abgestimmt- anzuschaffen seien), betankt werden.
Dies also meine Gedanken zu dem Thema.
Noch einmal Danke für Deine Beschäftigung mit diesem Thema.
Jürgen Potzies
Hallo René
Der letzte Absatz ist die Lösung des Problems,aber auch am schwersten durchzuführen.Veränderungen brauchen Zeit und viel Einsatz .Bis dahin werden Autos weiterhin so benutzt wie im Moment ,das wäre eine Chance für das E Auto .leider wird hier auf Fahrzeuge mit großen Akkus und riesiger Leistung hart beworben und auch gefördert.Sie bringen für die Umwelt kaum etwas .Die tägliche Fahrleistungen im KM ist relativ gering .Der große Porsche und Daimler gelangt erst nach 160000 km in einen positiven Zustand,er bringt schon ein negatives Päckchen von der Produktion mit .Die Fördermittel hätten konsequent für kleine ,Ressourcen schonende Fahrzeuge bewilligt werden müssen .jetzt gilt wieder größer schneller weiter ! So einen Boliden kann man nicht an der Laterne laden das geht nur mit geringer Leistung und kleinen Fahrzeugen .