Plattform-Kapitalismus ist "Turbo für Effizienz"

Sascha Lobo hat ein neues Thema für sich entdeckt: den Plattform-Kapitalismus. Was er darunter versteht, hat der Meister des Agenda-Settings beim Bucerius-Lab in Hamburg erklärt und damit zumindest schon mal einen Einblick ins Inhaltsverzeichnis seines Buches gegeben, an dem er aktuell schreibt.

Something interesting is happeningUber, Facebook, Alibaba oder Airbnb: All diesen Plattformen ist gemein, dass sie viel Geld verdienen, ohne dafür selbst Eigentum an dem zu halten, was sie vertreiben. „Something interesting is happening“, meinte deshalb Tom Goodwin vor einiger Zeit schon. Sascha Lobo greift diesen Punkt auf und versucht zu erklären, was das besondere an diesen Plattformen und ihrer Art des Kapitalismus ist.

Der Kunde habe ein großes Bedürfnis nach Einfachheit und Effizienz. In einer Welt, die draußen immer komplizierter werde, wünschten sich viele Menschen einfache Lösungen, um ihren Alltag geregelt zu bekommen. Genau hier setzen Plattformen an, die ein „Turbo für Effizienz“ sind und damit auch in Alltagsbereiche vorstoßen, die bislang von dieser Art der Optimierung ausgeschlossen waren. Einen großen Teil der Effizienz erreichen sie durch Vernetzung. Dabei, so räumte Lobo auf Nachfrage ein, gebe es eine flache Hierarchie: „Die Nutzer bzw. Anbieter auf der Plattform einerseits und der Betreiber der Plattform andererseits. Mehr Ebenen gibt es nicht, aber diese ein Stufe ist gewaltig.“ Schließlich müssten sich alle nach den Regeln der Plattformbetreiber richten – oder aussteigen und ein Konkurrenzprodukt nutzen, so lange es diese überhaupt noch gibt.

 „Früher galt es, das beste Angebot zu haben. Heute ist das Ziel, das einzige Angebot auf dem Markt zu sein.“

Denn eine weitere Besonderheit des Plattform-Kapitalismus nach Lobo ist es, dass die beteiligten Firmen nach einem Monopol strebten. „Früher galt es, das beste Angebot zu haben. Heute ist das Ziel, das einzige Angebot auf dem Markt zu sein“, so Lobo. Wege dorthin sind der gnadenlose Verdrängungswettbewerb einerseits, andererseits das ungebremste Wachstum durch Zukäufe von Konkurrenzunternehmen. Dass dennoch selbst Platzhirsche wie Facebook plötzlich junge Nutzer und damit an Dominanz verlören, ließ der Internet-Prophet nicht gelten: „Whatsapp und Instagram plus zig weitere Plattformen, auf denen sich Jugendliche tummeln, gehören mittlerweile auch zu Facebook. Es ist nicht so, dass sich junge Menschen eine Plattform aussuchen und dann ausschließlich dort verharren. Alle haben sie noch mindestens ein Profil auf Facebook, auch wenn sie nicht mehr jeden Tag dort sind.“

Wenn die kalifornische Herausforderung gelingen soll, müssen wir uns jetzt auf die Reise machen. Findet auch dieses Plakat an einem Hamburger S-Bahnhof.
Wenn die kalifornische Herausforderung gelingen soll, müssen wir uns jetzt auf die Reise machen. Findet auch dieses Plakat an einem Hamburger S-Bahnhof.

Mindestens drei Vorteile von Plattformen sieht Lobo:

  1. Eine Verarbeitung der eigenen Daten in Echtzeit ist möglich – und damit passgenaue (inhaltliche) Angebote zu jeder Zeit und an jedem Ort.
  2. Die Nachfrage nach Angeboten kann jederzeit versteigert werden. Beispiel Uber: Aufgrund der hohen Nachfragen zu Silvester 2015 erhöhten sich in den USA manche Fahrpreise schlagartig um das Zehnfache. Der Markt gab das in diesem Moment her, also verlangte er danach.
  3. Alles, was gemessen wird, kann man ökonomisieren. Die Frage ist: Will man das? Damit ist man bei eben jener Diskussion, die Viktor Mayer Schönberger am ersten Tag des Bucerius Labs formuliert hatte.

Auf dieser Basis verändern sich ganze Geschäftsmodelle. Am Mobilfunkmarkt lässt sich etwa die Entwicklung beobachten, dass nicht mehr die Hardware (das Handy) im Mittelpunkt steht, sondern die Software (das Betriebssystem). Android habe bei jungen Nutzern mittlerweile einen Marktanteil von 90 Prozent. Hier seien die Würfel gefallen und es sei letztlich völlig egal, auf welchem Smartphone dieses Betriebssystem laufe. Die Hardware sei austauschbar und kaum noch zu unterscheiden, entscheidend ist das Betriebssystem, an dem die Hardware-Produzenten mittlerweile keine Anteile mehr hielten. Der nächste Schritt ist die Verlagerung hin zur vernetzten Software: „Und das ist eine Plattform“, kommt Lobo zu einem logischen Schluss.

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