Der Mai 2022 hat zwei wesentliche Entscheidungen gebracht im Kampf gegen den maßlosen Abbau von Kies und Sand. Nach der Landtagswahl am 15. Mai ist es nun an der neuen NRW-Landesregierung, das OVG-Urteil vom 3. Mai umzusetzen und eine Frist zu setzen, bis wann der Kiesausstieg gelingen muss.
Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich als SPD-Landtagsabgeordneter gerne in Regierungsverantwortung gekommen wäre, um den Kiesausstieg Schritt für Schritt politisch umzusetzen. Immerhin haben es die Grünen geschafft, bereits in ihrem Sondierungspapier mit der CDU das Thema hochzuhalten. Darin heißt es konkret:
„Durch ein konsequentes, wissenschaftlich fundiertes Rohstoffmonitoring („Rohstoffbarometer“) soll der Verbrauch von Kiesen und Sanden transparent gemacht und auf den notwendigen Bedarf zurückgeführt werden. Bestehende Lagerstätten unter Berücksichtigung anderer Schutzgüter (z .B. Gewässerschutz) sollen maximal ausgeschöpft werden, um weniger Flächen zu verbrauchen. Das Baustoffrecycling als Teil der Kreislaufwirtschaft treiben wir forciert voran.“
Den Abbau „auf den notwendigen Bedarf“ zurückzuführen, das ist definitiv zu wenig! Ohne den Komplettausstieg bleibt es dabei, dass weite Teile der niederrheinischen Landschaft früher oder später ausgekiest werden (müssen). Gespannt schaue ich deshalb auf den konkreten Koalitionsvertrag, der am 25. Juni von den Parteitagen beschlossen werden soll. Hier muss es konkret werden, denn nur was im Koalitionsvertrag steht, hat auch die Aussicht auf Realisierung in den kommenden fünf Jahren. Und da reicht es eben nicht, das Problem in die Zukunft zu verlagern. Wir brauchen eine Frist für den Kiesausstieg. Wie bei der Braunkohle und der Atomenergie muss es ein Ausstiegsszenario geben.
Frist für Kiesausstieg setzen
Nicht auf den blauen Dunst hin, sondern aufgrund einer wissenschaftlich fundierten Studie (das ist mehr als nur ein Monitoring), die
- tatsächliche Rohstoff-Bedarfe ermittelt,
- politische Maßnahmen auflistet, mit denen mehr Ersatzbaustoffe genutzt werden können, und
- daraufhin als politisches Ziel einen realistischen Zeitplan und somit eine Frist für den Kiesausstieg benennt.
Von diesem Moment an läuft die Uhr und Parlament wie Regierung müssen alles daran setzen, die Parameter einzuhalten. Was die Baustoffwende angeht, habe ich bereits vor Monaten meine Ideen vorgestellt (RAUS-Strategie). Das muss jetzt mit Zahlen hinterlegt werden. Was muss eine Regierung tun, damit mehr Recycling, alternative Baustoffe, mehr Um- statt Neubau und Sparsamkeit beim Bauen praktisch umgesetzt werden? Wenn man die Wirkung aller politischen Maßnahmen daraufhin misst, kann der Zeitpunkt abgeleitet werden, ab dem wir auf den Abbau von Kies und Sand verzichten können.
Die Kiesindustrie fürchtet sich genau davor. Anders ist ihre aktuelle WerbeFurchtkampagne nicht zu erklären, in der sie – statt sich der Realität zu stellen und gemeinsam an der Baustoffwende zu arbeiten – lieber Schreckensszenarien entwirft. Zudem beauftragt sie Gutachten, die beweisen sollen, dass ein Kiesausstieg nie und nimmer klappen kann. Das ist das Gegenteil von innovativ und hilft nicht, unsere niederrheinische Heimat zu retten.
Ich bin enttäuscht, bei der Baustoffwende nicht selber mit Hand anlegen zu können. In der Opposition werde ich aber deshalb nicht jammern und alles kritisieren, was von der neuen Landesregierung kommt. Versprochen, dass ich stattdessen Motor bleiben will. Deshalb analysiere ich hier künftig, was in Sachen Kiesausstieg passiert. Ich werde versuchen, gemeinsam mit Bürgerinitiativen wie dem Niederrheinappell und Vorreitern wie Kamp-Lintforts Bürgermeister Christoph Landscheidt die richtigen Impulse zu geben.
Gerichtsfester LEP zwingend nötig
Aufgrund des OVG-Urteils hat der Regionalverband Ruhr (RVR) seinen Regionalplan für den Teilbereich „Oberflächennahe Rohstoffe“ gestoppt. Der Grund: Die vom Geologischen Dienst NRW ermittelten Mengen, für die die Planer Abbauflächen festlegen müssen, basieren auf einem rechtlich nicht haltbaren Landesentwicklungsplan (LEP). Im Jahr 2019 hatten CDU und FDP im Landtag die Versorgungszeiträume erhöht. Das Gericht meint, dass die Regierung dabei zu wenig die Vor- und Nachteile sowie andere Belange abgewogen hätte.
Folgt man diesem Urteil in aller Konsequenz, sind alle bisherigen Versorgungszeiträume in den verschiedenen LEP nicht ausreichend abgewogen worden. Insofern kann der RVR erst dann einen rechtskonformen REP vorlegen, sobald die neue Landesregierung einen gerichtsfesten LEP verabschiedet hat.
Und das könnte dauern.