Salzbergbau braucht Schlichtungsstelle

In Rheinberg-Borth wird seit knapp 100 Jahren Salz abgebaut. Das Abbaugebiet soll nun erweitert werden. Viele Anwohner:innen fürchten Schäden an ihrem Eigentum und sind besorgt, dass diese nicht erstattet werden. Eine Schlichtungsstelle, für die ich seit Jahren kämpfe, könnte einen Teil der Sorgen nehmen.

Salzbergbau in Rheinberg

Seit 1925 wird in Rheinberg Steinsalz in einer Tiefe von bis zu 1.000 Metern abgebaut. Früher war es allein die Solvay, die Salzbergbau betrieb. Heute unterscheiden wir zwei Bereiche:

Dies sind die Abbaugebiete, in denen Solvay und ESCO/K+S abgebaut hat und heute noch abbaut:

Abbaufelder des Salzbergbaus
Abbaufelder, Quelle: Bürgerinitiative Salzbergbaugeschädigte

Wer mehr über die Salzgewinnung in Nordrhein-Westfalen wissen möchte: Der WDR hat eine interessante Doku über das „Weiße Gold“ in NRW gedreht.

Salzabbaugebiete sollen erweitert werden

K+S darf in einem bestimmten Gebiet Salz abbauen. Das regelt ein so genannter Rahmenbetriebsplan. Dieser galt zunächst bis 2025, wurde kürzlich jedoch verlängert. Das heißt, dass das Unternehmen nun bis 2050 Zeit hat, das Salz in dem 1985 genehmigten Gebiet abzubauen. Nicht mehr.

Doch das reicht dem Unternehmen wirtschaftlich nicht. Und auch als Gesellschaft tun wir gut daran, auch künftig unabhängig zu sein von Salz-Importen. K+S möchte also nun einen neuen Rahmenbetriebsplan für weitere Flächen. Das geplante neue Abbaugebiet liegt unter Xanten-Birten, Rheinberg-Borth und Alpen-Veen. Zwei Erkundungstunnel wurden bereits bewilligt. Diese sind circa 2-3 km lang und sollen zur Prüfung der Lagerstättenvorräte dienen.

Geplante Abbaugebiete bis 2050
Geplante Abbaugebiete bis 2050, Quelle: Bürgerinitiative Salzbergbaugeschädigte

Widerstand gegen Salzbergbau

In den vergangenen Jahren hat sich Widerstand gegen den Salzbergbau in der Region formiert. 2016 gründete sich sogar eine Bürgerinitiative für Salzbergbaugeschädigte. Die Pläne von K+S, ihr Abbaugebiet zu erweitern, betrifft nun viele weitere Menschen. Sie wenden sich an die Bürgerinitiative und wollen wissen, was bei Schäden Übertage passiert. Aktuell hat die BI rund 1.400 Mitglieder. Die letzten beiden Info-Veranstaltungen Anfang 2020 in Birten und Borth waren mehr als gut besucht.

Woher kommt die Skepsis gegenüber dem Salzbergbau?

Viele Anwohner:innen klagen über Schäden an ihrem Eigentum bspw. ihren Häusern. Die allermeisten im Bereich des Altbergbaus. Hier empfanden viele Betroffene die Regulierung der Bergschäden als unzureichend. Im aktiven Bereich gab es in den vergangenen 10 Jahren nur wenige Schadensmeldungen. Dies liegt daran, dass der bisherige Abbau vor allem unter nicht- und dünn besiedelten Bereichen stattfand.

Doch der Umgang der Firma Cavity mit Bergbaubetroffenen hat allgemein für Skepsis gesorgt. Aktuell läuft es bei der Schadensregulierung im Salzbergbau so, dass die Betreiberfirma die möglichen Schäden prüft und auch selbst bewertet, ob dieser Schaden durch den Abbau entstanden ist. Verneint sie das, bleibt Geschädigten nur der Rechtsweg. Der ist teuer und nicht immer von Erfolg gekrönt.

Der Protest gegen den weiteren Abbau wundert mich deshalb nicht besonders, denn vor allem die Firma Cavity hat es in meiner Wahrnehmung jahrelang versäumt, Partner der Menschen zu sein, die unter den Folgen des Abbaus leiden. Es hat dort an Offenheit und Kulanz bei der Schadensregulierung gefehlt. Das muss sich ändern. Eine Schlichtungsstelle für alle, wie ich sie seit vielen Jahren fordere, wäre ein erster Schritt dazu.

Schlichtungsstelle für den Salzbergbau

Das wichtigste Instrument zur Versöhnung der Fronten ist m.E. die Schaffung einer neutralen und für die Betroffenen kostenlosen Schlichtungsstelle für Bergschäden. In der Stein- und Braunkohle gibt es sie schon lange.

Nachdem das Bergbauunternehmen die Regulierung eines Schadens ablehnt, können Hauseigentümer:innen danach noch die Schlichtungsstelle anrufen, die vermittelt. Für die Betroffenen kostenlos. Erst wenn das keinen Erfolg hat, bleibt der Rechtsweg als letzte Chance. Deshalb hab ich bereits 2013 eine neutrale Schlichtungsstelle gefordert.

Die Schaffung einer neuen Schlichtungsstelle oder auch der Beitritt zu der bestehenden Schlichtungsstelle für den Stein- und Braunkohlebergbau wäre ein wichtiges Signal der Betreiber, dass sie in Zukunft ein fairer Partner und verlässlicher Nachbar sein wollen. Was den oben erwähnten neuen Rahmenbetriebsplan für K+S angeht, könnte man meines Erachtens die Schlichtungsstelle zur Auflage machen. Schöner wäre jedoch ein gemeinsames Vorgehen.

Wie funktioniert eine Schlichtungsstelle?

Auf Basis einer Schlichtungsordnung erklären sich die Bergbau-Unternehmen freiwillig dazu bereit, Streitfälle vor der Schlichtungsstelle zu klären – und dafür alle Kosten zu übernehmen. Wer einen Bergschaden feststellt, meldet ihn zuerst dem zuständigen Bergwerksunternehmen. Sollte sich danach kein zufriedenstellendes Ergebnis erzielen lassen, kann man sich via Schlichtungsantrag an die Schlichtungsstelle wenden. Wie das gesamte Schlichtungsverfahren dort dann abläuft, sieht man hier. Bei der Stein- und in der Braunkohle funktioniert das seit Jahren gut.

Salzbergbau unter neuen Bedingungen

Der Bergbau gehörte schon immer zu meiner Heimat. Die Zeit der Steinkohle ist bereits vorbei und auch der Salzvorrat wird in absehbarer Zeit zu neige gehen.

Aktuell muss der Salzbergbau aber noch weitergehen, wenn auch unter neuen Bedingungen. K+S braucht eine breite gesellschaftliche Unterstützung, wenn das Unternehmen in den nächsten Jahren nicht gegen zunehmenden Widerstand ankämpfen will. Die Schlichtungsstelle wäre ein erster und wichtiger Schritt hin zu einer Einigung mit den Anwohner:innen.

Übrigens: Kein Salzbergbau ist keine Lösung

Ich möchte eines klarstellen: Gar kein Abbau ist für mich auch keine Lösung. Wieso? Salz wird dringend benötigt, es gibt in Deutschland eine hohe Nachfrage danach. Diese Nachfrage kann durch eigene Ressourcen größtenteils gedeckt werden. Deshalb muss der heimische Abbau generell möglich sein.

Die Alternative wäre, Salz aus Regionen der Erde zu importieren, die weniger hohe Standards für Umwelt und Menschen setzen, um trotz zusätzlicher Transportkosten geringe Rohstoffpreise aufrufen zu können. Dies würde ehrlicherweise alle negativen Folgen des Bergbaus in andere Länder der Welt verschieben und gleichzeitig gut bezahlte Arbeitsplätze in Deutschland vernichten. Das ist aus meiner Sicht weder eine verantwortungsvolle Umwelt- noch Industriepolitik. Zudem ist das Bergwerk ein wichtiger Arbeitgeber in der Region.

Darum brauchen wir Dialog und Verständnis füreinander. Und am Ende eine Schlichtungsstelle, die alle Gemüter beruhigt und die berechtigten Interessen miteinander versöhnt!

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