Kluges Recycling löst das Kies-Problem

Bauschutt muss mehr recycelt werden

Recycling macht aus Bauschutt ein neues Material, mit dem man hochwertig bauen kann. Der neue Baustoff ersetzt damit Kies und Sand. Warum das so wichtig ist? Je mehr wir recyceln, desto weniger Kieslöcher müssen gegraben werden. Damit schaffen wir den Aussteig aus der Förderung des endlichen Rohstoffes und müssen gleichzeitig nicht auf den Bau von Häusern, Straßen und Brücken verzichten.

Wozu wird Kies gebraucht?

Kies, Sand, Natursteine und andere Baustoffe stecken in unseren Gebäuden und Straßen. Kies ist von der Abbaumenge, neben Sand, der wichtigste Massenrohstoff in Deutschland. Er wird vor allem in der Bauwirtschaft eingesetzt. Kies und Sand braucht das Baugewerbe beispielsweise als Zuschlagstoff für Beton, Estrich und Mörtel oder als Schüttmaterial im Erdbau. Von einem nachhaltigen Abbau und einer bewussten Verwendung dieser Ressourcen kann bislang aber nicht die Rede sein. Wir brauchen schlichtweg eine Baustoffwende, in der Recycling (und letztlich das Cradle to Cradle-Prinzip) selbstverständlich wird.

Wohin mit dem „Müll“?

Was Abfall ist, das bestimmen wir selbst. Indem wir etwas wegwerfen. Dabei kann man aus vielen Sachen, die man nicht mehr braucht, Neues schaffen. Privat machen wir aus alten Safttüten neue Vasen oder aus Europaletten ganze Möbel. Mit Bauschutt geht das auch. Wenn man nur will. 214,6 Millionen Tonnen mineralische Bauabfälle gab es 2016 bei uns. In diese Kategorie fällt zum Beispiel auch Bauschutt. Die so genannte Verwertungsquote für diese mineralischen Bauabfälle scheint mit über 90 Prozent sehr hoch zu sein. Heißt ja, dass 90 Prozent des Bauschutts irgendwie weiter verwendet werden. Doch nach dem Abriss finden nur etwa sieben Prozent des vermeintlichen Baumülls den Weg zurück in ein neues Gebäude. An dieser Stelle wird es kniffelig. Denn Verwertung sagt noch nichts darüber aus, was genau mit dem Bauschutt geschieht. Leider wird das Material größtenteils für die Verfüllung übertägiger Abgrabungen, im Deponiebau und als grober Schutt im Straßenbau verwertet. Das ist dann quasi ein Downcycling des Bauschutts. Was wir brauchen ist mindestens die gleichwertige Wiederherstellung wenn nicht gar das Upcycling von Bauschutt. Denn dann kann recycelter Bauschutt den Rohstoff Kies und Sand ersetzen!

Bauschutt kann auf verschiedene Arten wiederverwertet werden: beim Upcycling höherwertiger, beim Recycling gleichwertig und beim Downcycling unter dem Qualitätsniveau des Ausgangsstoffes.

Ein Recycler ersetzt zwei Kieswerke

Bisher ist es üblich, dass Bauschutt, der Kies enthält, vor allem im Straßenbau verwertet wir. Die Fachleute nennen das Downcycling, weil ein hochwertiger Rohstoff nur noch als minderwertiges Material gebraucht wird. Technisch ließen sich bereits heute noch mehr Recycling-Gesteinskörnungen aus dem Hochbau wieder im Hochbau einsetzen. Laut Öko-Institut könnten Kies, Ton, Naturstein und Gips zu mindestens zehn Prozent durch Recyclingmaterial werden. Derzeit liegt der Anteil bei Kies unter einem Prozent. Wie auch bei uns am Niederrhein in Zukunft mehr recycelt werden könnte, macht HDB-Recycling aus Hünxe vor. Im nächsten Jahr soll eine hochmoderne Anlage an den Start gehen, die perspektivisch die Leistung von zwei Kieswerken ersetzen kann, so Geschäftsführer Mirco Ćurić. Die Europäische Union fördert das Projekt deshalb mit einer Millionensumme.

Her mit dem Schotter!

2019 kamen rund vier Hektar allein für den Abbau von Rohstoffen zum Bauen in Deutschland unter den Bagger. Doch nur 15,2 Millionen Tonnen der recycelten Baustoffe wurden als Gesteinskörnung, also als Kies unterschiedlicher Größe, hochwertig in der Asphalt- und Betonherstellung eingesetzt. Stellt man diesen abstrakten Zahlen die jährliche Abbaumenge von Kies in Deutschland entgegen – rund 257 Millionen Tonnen in 2017 – wird deutlich, in welchem Dilemma wir stecken. Der Bedarf nach Kies und Sand ist ungebrochen. Nach wie vor ist es in Deutschland günstiger neu zu bauen. Und Recycling wird in Deutschland kaum praktiziert. Stattdessen werden Gebäude schlicht abgerissen. Und Massen an mineralischen Baustoffen wandern eher auf Deponien oder den Straßenbau statt sie gleich- oder höherwertig wiederzuverwenden. Der Irrsinn: Die Menge mineralischer Abfälle ist fast so groß wie die der Rohstoffe, die für Neubauten aus der Erde geholt werden. Wenn wir also unseren Bauschutt eins-zu-eins höhenwertiger wiederverwenden, können wir perspektivisch auf den Abbau von Kies und Sand verzichten. Und so die Umwelt schonen. Technisch geht das – wir müssen es nur machen!

Denn langfristig müssen wir Primärrohstoffe ersetzen, weil sie nicht unendlich vorhanden sind. Das muss auch die Politik verstehen. Die aktuelle NRW-Landesregierung tut es jedenfalls nicht. Ein Weg wird sicher sein, Gesteinskörnungen durch solche Recycling-Baustoffe wie von HDB-Recycling zu ersetzen. Aber wir müssen auch alternative Baustoffe nutzen, denn es muss nicht immer Beton sein. Wenn ich höre, dass in Hamburg gerade mit 65 Metern das höchste Holzgebäude Deutschlands entsteht, bin ich mir sicher, dass es Alternativen zu dem maßlosen Flächenfraß durch die Kiesindustrie – nicht nur am Niederrhein – geben kann und wird.

2 Kommentare zu „Kluges Recycling löst das Kies-Problem“

  1. Gut zu wissen, dass je mehr wir recyceln, desto weniger Kieslöcher müssen gegraben werden. Mein Onkel hat sich ein Haus auf dem Lande bauen lassen. Er möchte den entstandenen Bauschutt rezyklieren, damit er zur Erhaltung der Kieslöcher beitragen kann.

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