Handel braucht Perspektiven

Der Einzelhandel wird durch die Pandemie bedroht

Der Handel ist ihr Leben: Unternehmer:innen, die gerne etwas unternehmen, lässt der Lockdown deshalb verzweifeln. Umso wichtiger war es mir, mit Einzelhändler:innen über Wege aus der Krise zu sprechen. Fazit nach knapp 90 Minuten Videokonferenz mit meinem Landtagskollegen Frank Sundermann: Es braucht vor allem klare Perspektiven.

Nicht zu wissen, auf welchem Weg man selbstbestimmt aus der Krise herauskommt, macht fast alle Unternehmer:innen nervös und wütend. Sie sind es nicht gewohnt, die Hände in den Schoß zu legen (hier gehts zum Podcast mit Eva Welling). Unglaublich, aber wahr: Mancher im Handel wäre besser gefahren, hätte er oder sie den Laden zwischendurch gar nicht erst wieder eröffnet. Dann wären Überbrückungshilfen geflossen.

Pandemie verstärkt Chancenungleichheit

Das sieht den Menschen, die ich an diesem Abend Anfang März virtuell treffe, jedoch nicht ähnlich. Sie verkaufen Schuhe und Geschenkartikel, vermitteln Reisen oder Brillen, die zum Typ passen. Unterschiedlich sind ihre Erfahrungen beispielsweise mit dem Online-Geschäft. „Die Kosten für so eine Shopping-Seite im Netz sind hoch und ein Warenwirtschaftssystem gehört zwingend dazu“, berichtet ein Unternehmer, der einer Vereinigung von Händler:innen angehört, die sich die Kosten für die Plattform teilen. Andere Branchen haben da weniger Glück und sind der größeren Konkurrenz unterlegen.

Europäische Suchmaschine

Alle eint indes, dass der lokale Handel eben auch im Netz gefunden werden muss. Google sei da übermächtig und ändere zudem permanent die Kriterien, wie man am besten gefunden wird. Außerdem verdiene der Konzern über Anzeigen mit. Das schmälert die Marge der Händler:innen noch einmal. Es müsse ein Gegengewicht zu den Internetriesen aus Amerika geben. So wie Europa dem übermächtig scheinenden Boeing mit Airbus eine eigene Flugzeugfirma entgegensetzte, sollte man auch über eine europäische Suchmaschine nachdenken. Ich finde das eine gute Idee.

Experten machen sich schon länger Gedanken darüber, wie man dem Handel in den Innenstädten helfen kann. Dazu gibt es viele Ideen. Für das Jahr 2021 wäre da beispielsweise eine zeitweise Ausweitung der Sonntagsöffnung. Dagegen gibt es traditionell Widerstand bei Kirchen und Gewerkschaften – zu Recht, wie ich hier schon einmal festgestellt habe. Aber in der Not – zumal der Sonntag der beliebteste Online-Shopping-Tag ist…

Um aus der Krise und wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen, sollten sich alle Beteiligten jetzt schon an einen Tisch setzen und ein Stillhalteabkommen für dieses besondere Jahr vereinbaren. Denn wo kein Kläger, da kein Richter. Und ich nehme wahr, dass auch die Beschäftigten durchaus einverstanden sind mit einer zeitlich befristeten Ausweitung der verkaufsoffenen Sonntage.

Städte können Handel helfen

Ich weiß, dass kein Kämmerer das gerne hört, aber auch die Städte können ihrem Einzelhandel und der Gastronomie helfen. Durch Verzicht auf Gebühren etwa. Das passiert vielerorts schon und auch weiterhin ist Kreativität gefragt. Kund:innen können ihren Teil dazu beitragen, dass der lokale Handel lebendig aus der Krise kommt. Solidarität spüren tatsächlich aktuell die Händler:innen, denn viele Menschen entschließen sich bewusst dazu, lokal zu kaufen. Andere entdecken dagegen jetzt erst den Online-Einkauf für sich. Das weckt wiederum Sorgen beim stationären Einzelhandel: „Wir hoffen, dass wir diese Stammkunden jetzt nicht verlieren…“

Update: Einige Erkenntnisse aus der Online-Konferenz sind in der Zwischenzeit auch bei der Landesregierung aufgelaufen. Sie hat deshalb nun eine Innenstadtoffensive für NRW ins Leben gerufen. Eine überfällige Anerkennung, denn Handel und Innenstädte sind nun seit geraumer Zeit durch das Virus in ihrer Existenz bedroht. Das Maßnahmenpaket ist hier verlinkt.

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