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Religion: Meine fünf Hauptanliegen
- Keine Religion darf andere ausschließen! Religion stiftet dort Gemeinschaft, wo sie offen ist auch für andere. Glauben und glauben lassen, darum werbe ich bei religiösen wie atheistischen Menschen. Die Zeit der Missionare ist vorbei. Die der Glaubensverfolgungen auch. Der Staat muss alle schützen, egal für welchen (Nicht-)Glauben sie sich entschieden haben.
- Alle Religionen und der Atheismus gehören gleichberechtigt dargestellt! Religiöse Symbole können andere nicht in ihrem Glauben verletzen, soweit sie sich auf sich selbst beziehen. Statt das Kreuz aus öffentlichen Gebäuden wie Schulen zu entfernen, sollte man deshalb lieber daneben die Symbole aller anderen Glaubensrichtungen zeigen, die für Menschen eine Rolle spielen – und dabei nicht unerwähnt lassen, dass es Frauen und Männer gibt, die sich von all dem so überhaupt nicht angesprochen fühlen. Ein schönes Beispiel für die Verschmelzung aller traditionellen Symbole ist der „Engel der Kulturen“.
- Religiöse Bräuche und Feste müssen gepflegt werden! Ein Blick in den Kalender mit all seinen christlichen Feiertagen genügt, um zu erkennen, dass Deutschland in den vergangenen Jahrhunderten durch das Christentum geprägt wurde. Ostern, Martinsfest, Weihnachten: Die wenigsten möchten auf diese leibgewonnen Feste verzichten, die ihren Ursprung im christlichen Glauben haben. Dieses Brauchtum sollten wir aus meiner Sicht pflegen und erklären. Was passierte an Karfreitag? Wer war der Heilige Martin? Was wird von der Geburt Jesu in der Krippe berichtet? Noch immer berühren diese Geschichten viele Menschen. Also gehören sie weiter erzählt und sicherlich fortlaufend ergänzt um religiöse Schilderungen anderer Glaubensrichtungen. Das soll sich nicht gegenseitig überlagern, verdrängen oder überflüssig machen, sondern uns alle bereichern. Und wer mit all dem nichts anfangen kann, der soll weghören dürfen und nicht bedrängt werden.
- Religionen gehören unterstützt, weil sie der Kitt sein können, der unsere Gesellschaft zusammen hält! Manchmal frage ich mich, was der kleinste gemeinsame Nenner ist, der unser Zusammenleben als Menschen überhaupt erst ermöglicht. Der Egoismus und sein Leitbild von „Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht“ kann es jedenfalls nicht sein. Alle Religionen haben indes gemein, dass sie das Gemeinwohl über das jedes einzelnen stellen. Dafür stellen sie Regeln auf, die man in Bibel, Koran oder Tora nachlesen kann. Wer beispielsweise den 10 Geboten folgt, wirkt am Zusammenhalt unserer Gesellschaft aktiv mit. Alternativ kann ich das Grundgesetz oder Kants Kategorischen Imperativ zu meiner Maxime machen. Religionen bieten aber weit darüber hinaus einen Mehrwert: Sie bringen sich aktiv ein, womit ich bei meinem fünften und letzten Punkte wäre:
- Religiös geprägte Organisationen sollen karitative Angebote machen dürfen – aber bitte ohne sich ungefragt in den Glauben anderer einzumischen! Heute gar nicht mehr wegzudenken sind die sozialen Einrichtungen und Beratungsangebote so genannter kirchlicher Träger. Das ist auch gut so für ein möglichst vielfältiges Angebot. Schräglage bekommt das ganze nur dann, wenn die gemeinnützigen Gesellschaften oder Stiftungen ihre (Markt-)Macht auszunutzen beginnen und zum Beispiel ihre Mitarbeiter nach passender Konfession aussuchen oder Klienten bevorzugen, die an den „richtigen Gott“ glauben.
Warum mir die Religion so wichtig ist
In einer Welt, die immer komplexer wird, suchen Menschen nach Halt. Wir alle brauchen etwas, woran wir uns orientieren können und was Gemeinschaft schafft. Religionen können das – und sie können es vor allem dann, wenn sie andere Religionen dabei nicht in Frage stellen, kritisieren oder ihnen die Existenzberechtigung absprechen. Ausnahmen sehe ich hier nur bei Sekten, dazu aber später mehr. Wenn ich also erlebe, wie evangelische und katholische Christen, neuapostolische oder evangelisch-freikirchliche Gemeinden in meinem Wahlkreis ihre Gottesdienste feiern und dabei Gemeinschaft stiften. Wenn ich die Weltläufigkeit und Offenheit so vieler Muslime und mancher ihrer Gemeinden betrachte. Wenn ich die jahrtausendealten Feste und Rituale der Juden oder den nicht enden wollenden Mut zum Glauben unterdrückter zum Beispiel jesidischer Christen sehe. Dann weiß ich, dass es da Menschen gibt, denen ihr Glaube sehr wichtig ist. Und für diese Menschen möchte ich (auch) da sein.

Mein Glauben: Ich bin Christ
Getauft wurde ich evangelisch, aber meine ersten Jahre waren ganz vom katholischen Glauben geprägt. Kindergarten und Grundschule in meinem Viertel lehrten noch ganz intensiv katholische Riten und Feiertage. Konfirmiert wurde ich dann doch, nur um auch meinen Zivildienst in einer katholischen Familienbildungsstätte abzuleisten. Ob Kirchenchor oder Ferienlager mit der katholischen Jugend: In der Rückschau muss ich zugeben, dass da ganz viel Kirche in meinem Leben war. Ich bin nicht übermäßig gläubig, bibelfest oder missionarisch unterwegs. Aber ich mag die Struktur, die die christliche Religion einem Kalenderjahr gibt. Ich genieße die Fastenzeit und den Inhalt einer guten Predigt, die mich zum Nachdenken bringt. Und ich staune, wieviel Zusammenhalt und Zuneigung Menschen entwickeln, die wie in der Kolpingsfamilie unter einem religiösen Leitgedanken einfach etwas für andere tun wollen. Deshalb bin ich persönlich gerne Christ.
Glaubensfragen in 7 Minuten
Gemeinsam mit Pastor Marcus Bastek nehme ich seit Anfang 2021 den Podcast 7 Minuten – Glaubensfragen und ein Bier im Stehen auf. Marcus Bastek ist Pfarrer in der Friedenskirche in Kamp-Lintfort, einer Freikirche. In wöchentlichen Folgen diskutieren wir verschiedene Glaubensfragen. Dabei geht es nicht immer nur um religiöse Themen. In den letzten Folgen haben wir zum Beispiel darüber gesprochen, ob es ein Leben nach dem Tod gibt, wofür man noch politische Parteien braucht oder ob Alkohol verboten werden sollte.
Religion – eine Definition
Wikipedia macht es kurz und bündig und beschreibt Religion als „Glaube an einen Gott oder an mehrere Götter und die damit verbundene Praxis in Kult und Lebensformen“. Für Kinder steht „Religion“ oder kurz „Reli“ symbolisch für den Unterricht, den es in NRW ab der ersten Klasse gibt (siehe unten). Religionen versuchen (übrigens genauso wie die Philosophie) die großen Fragen unserer Existenz einigermaßen befriedigend zu beantworten. Dabei bedienen sich die Religionen im Kern eines Gottes, der Himmel und Erde geschaffen hat. Über zum Teil Jahrhunderte bildeten die Religionen eigene Schriften, Festtage und bedeutsame Orte heraus, die für die jeweilige Gruppe wichtig sind. Gläubige Menschen folgen zudem oft einem Leitbild bei Kleidung, Essen oder Partnerschaft. So lange dieses nicht im Widerspruch zu Grundrechten anderer sowie zu allgemeinen Gesetzen steht, entspricht dies aus meiner Sicht einem individuellen Lebensstil.
Auf der kindgerecht gestalteten Internetseite „Religionen entdecken“ findet man eine ganze Menge weiterführender Informationen zu den großen Glaubensrichtungen.
Ist Religion gleich Kirche?
Mit „Kirche“ ist im Normalfall zweierlei gemeint: Zum einen das schlichte Gebäude, in dem Riten der jeweiligen Religion gefeiert werden. Zum anderen ist gemeint der organisatorische Überbau konstituierter Glaubensgemeinschaften. Von der Ordensschwester bis zum Papst – alle zusammen werden unter dem Begriff „katholische Kirche“ gesehen. Oft fallen die Gläubigen vor Ort aus dieser Aufzählung bewusst heraus, weil sie sich abgrenzen vom organisierten Betrieb der „Mutter Kirche“. Insofern bilden der individuelle Glauben und die Religion, die aus dem Glauben abgeleitet wird, eine Einheit, die dann oftmals und vor allem im Christentum insgesamt als „Kirche“ bezeichnet wird.
Religion und Politik: Was hat der Staat im Glauben zu suchen?
Dabei ist Religion und deren Ausübung Privatsache. Jeder soll es so handhaben, wie er oder sie es möchte. Das garantiert schon Artikel 4 im Grundgesetz. Dort heißt es: „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“ Diesem grundlegenden Recht sind wir alle also verpflichtet und insbesondere die Politik muss darauf schauen, dass das Grundrecht der freien Religionsausübung uneingeschränkt gilt. Für alle Religionen. Ob ich als Politiker selber einer Religion angehöre, das ist dafür unerheblich. Es ist meine Privatsache, die ich entweder für mich behalte oder zu der ich mich auch öffentlich bekenne.
Wo ist Religion in der Politik zu finden?
Grundlegend findet sich das Thema Religion schon im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (siehe oben). Aus diesem Grundrecht leiten sich einige weitere gesetzliche Regelungen ab, die sich zum Beispiel auf den Sonntagsschutz beziehen und die eine umfassende Ladenöffnung am Sonntag verbieten. Aber auch bei vielen Vereidigungsformeln schwor man bis vor einigen Jahren noch auf Gott. Dieser Gottesbezug ist heute nicht mehr zwingend und er macht ja auch keinen Sinn, wenn ich als Schwörender nicht an einen Gott glaube. In den USA haben evangelikale Christen aktiv Wahlkampf für früheren US-Präsidenten Donald Trump gemacht. Mit Pastor Markus Bastek habe ich darüber diskutiert, ob so etwas auch in Deutschland denkbar wäre.
Religion in der Landespolitik
Weil Bildung Ländersache ist, bestimmt die Landespolitik auch über Art und Umfang von Religionsunterricht (siehe unten). Bei aktuellen Gesetzesvorlagen, die einen Bezug zu Glauben und Religion haben, werden die Kirchen im Vorfeld in Anhörungen um ihre Stellungnahme gebeten – so beispielsweise 2017 bei der Frage, wie viele Sonntage in NRW verkaufsoffen sein sollten. Die beiden großen christlichen Kirchen unterhalten Landesbüros in Düsseldorf von wo aus sie als Ansprechpartner für Abgeordnete egal welcher Konfession zur Verfügung stehen. Einen weiteren Bezugspunkt zur Religion gibt es einmal im Monat, wenn die Kirchen zu einer ökumenischen Andacht in den Raum der Stille im Landtag einladen.
Die Kirchensteuer – Religion bei der Steuererklärung
Wer zum Beispiel durch die Taufe Mitglied einer so genannten steuerberechtigten Kirche ist, muss in Deutschland Kirchensteuern (KiSt) zahlen. Die Höhe der Summe ergibt sich aus der Jahreseinkommensteuer (Lohnsteuer) nach Abzug von Kinderfreibeträgen (§ 51a Abs. 2 EStG). Der Kirchensteuersatz beträgt in Bayern und Baden-Württemberg 8%, in allen anderen Bundesländern 9% der Einkommensteuer. Für abhängig Beschäftigte gilt der Prozentsatz des Bundeslandes, in dem die Arbeit erbracht wird. Selbstständige zahlen den Kirchensteuersatz des Bundeslandes, in dem sie wohnen. Übrigens kann die Kirchensteuer als Sonderausgabe in der Steuererklärung geltend gemacht werden. Dadurch mindern sich die zu zahlenden Steuern insgesamt. Im Internet gibt es zahlreiche Online-Rechner mit denen sich der individuelle Kirchensteuer-Betrag leicht errechnen lässt.
In meinem Podcast mit Pastor Marcus Bastek „7 Minuten – Glaubensfragen und ein Bier im Stehen“ habe ich ihn erst kürzlich gefragt, wofür ich eigentlich Kirchensteuern zahle und ob sich das lohnt. Seine Gemeinde finanziert sich aus Spenden – lehnt er deshalb auch die Kirchensteuer ab?
Religion und Schule: Mehr als Religionsunterricht
Bekenntnisorientierter Religionsunterricht ist ordentliches Unterrichtsfach, das auch benotet wird. Grundlage sind Artikel 7 des Grundgesetzes und Artikel 14 der Landesverfassung sowie das Schulgesetz für Nordrhein-Westfalen. Der Schulgottesdienst sowie die Teilnahme an anderen religiösen Festen ist dagegen freiwillig. Über die Teilnahme entscheiden die Eltern, sofern das Kind noch nicht 14 Jahre alt ist.
Werden in NRW alle Religionen unterrichtet?
Gehören an einer Schule mindestens zwölf Kinder demselben Bekenntnis an, so haben sie Anspruch auf den passenden Religionsunterricht. Schülerinnen und Schüler, die dem betreffenden Bekenntnis angehören, sind dann zur Teilnahme verpflichtet. Schülerinnen und Schüler der Grundschulen und der Sekundarstufe l (grob: bis Ende der Schulpflicht) der weiterführenden Schulen, die am islamischen Religionsunterricht teilnehmen wollen, werden von ihren Eltern hierzu bei der vom ihrem Kind besuchten Schule angemeldet. Außerdem kann es sein, dass einige Religionsstunden nur schulübergreifend angeboten werden können aufgrund einer geringen Anmeldezahl.
Acht Religionen werden in NRW-Schulen unterrichtet:
- evangelisch,
- katholisch,
- syrisch-orthodox,
- orthodox,
- jüdisch,
- islamisch,
- alevitisch (Schulversuch)
- nach den Grundsätzen der mennonitischen Brüdergemeinden in NRW (Schulversuch)
Ab wann kann ich Religion in der Schule abwählen?
Kinder können vom Religionsunterricht abgemeldet werden. Mit 14 Jahren können die dann religionsmündigen Schülerinnen und Schülern das für sich selber entscheiden, bis dahin können ihre Eltern sie abmelden. Umgekehrt funktioniert’s aber auch: Wenn der Religionslehrer einverstanden ist, können Schülerinnen und Schüler auch dann am Unterricht teilnehmen, wenn sie gar nicht der Religion angehören.
Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe l (grob: bis zum Ende der Schulpflicht), die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, erhalten in vielen Schulen stattdessen das verpflichtende Angebot „Praktische Philosophie“. In der Sekundarstufe ll (Oberstufe) wird das Fach „Philosophie“ erteilt.
Religiöse Gemeinschaften und Kirchen in NRW
In NRW gibt es rund 230 religiöse Organisationen oder Strömungen. Sie versammeln sich in circa 8.000 lokalen Gemeinden oder Ortsgruppen. Forscher der Ruhr-Universität Bochum schätzen zudem, dass rund drei Viertel der nordrhein-westfälischen Bevölkerung Mitglied einer Religionsgemeinschaft ist. Dabei gibt es unterschiedliche regionale Schwerpunkte: „Der Römische Katholizismus ist besonders stark im Münsterland, im Sauerland, links-rheinisch und in der Eifelregion vertreten, schwach hingegen in Ostwestfalen, im Siegerland und im Ruhrgebiet. Für die evangelischen Landeskirchen zeichnet sich eine spiegelbildliche Verteilung ab: Stark vertreten sind sie in Ostwestfalen, im Siegerland, im Bergischen Land, im Märkischen Kreis sowie im Ruhrgebiet.“
Und: Je ländlicher die Region, umso stärker ist Religion ein Thema für die dort lebenden Menschen.
Sekten: Wenn Religion gefährlich wird
Religion kann schnell wahnhafte Züge annehmen. Wir kennen so genannte Sekten, die von ihren Mitgliedern regelmäßige Beweise ihres unbeirrbaren Glaubens fordern. Eine Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages hat bereits 1998 festgestellt, dass der Begriff „Sekten“ längst nicht mehr die Bandbreite der als kritisch eingeschätzten Glaubensgemeinschaften beschreibt. Stattdessen empfahl sie, von „neuen, religiösen und ideologischen Gemeinschaften und Psychogruppen“ zu sprechen. Der vom Land geförderte Verein Sekten-Info NRW informiert umfassend und kann Aussteigern dabei helfen, sich von solchen Gemeinschaften und Psychogruppen zu lösen.