Wie sicher ist unsere Lebensmittelversorgung?

Das muss sich bei der Lebensmittelversorgung ändern

Zum Erntedankfest stelle ich mir die Frage: Wie sicher sind wir in Deutschland eigentlich mit Lebensmitteln versorgt? Das Ergebnis beruhigt zunächst, zeigt aber für die Zukunft ein dickes Problem bei der Lebensmittelversorgung.

So steht es um unsere Lebensmittelversorgung

Schauen wir zunächst einmal auf den Selbstversorgungsgrad in Deutschland. Er gibt an, wie viel Prozent der benötigten Agrarerzeugnisse eines Landes auch hier produziert werden. Der letzte erhobene Wert stammt aus 2019/2020 und liegt bei 88 Prozent. Heißt auf den ersten Blick: Wir müssen insgesamt Agrarerzeugnisse importieren, um unseren Bedarf zu decken.

Schauen wir genauer hin, wird deutlich, dass nicht alle Produktgruppen knapp sind. KartoffelnSchweinefleischMilchKäse und Zucker werden hierzulande genug produziert und sogar ins Ausland verkauft. Dramatisch unterversorgt sind wir dagegen bei Obst (19,9 Prozent) und Gemüse (37 Prozent). Wie kommt das?

Quelle: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)

Versorgung mit Obst

Über 1,7 Millionen Tonnen tropische und subtropische Früchte werden jährlich nach Deutschland geliefert. Davon allein 1 Millionen Tonnen Bananen. Eine Selbstversorgung mit diesen Früchten ist nicht möglich. Die klimatischen Bedingungen stimmen einfach nicht. Bei den heimischen Früchten liegt der Apfel weit vorne. Vom jährlichen Obstkonsum eines oder einer Deutschen (72,1 kg) entfällt rund ein Drittel (24,4 kg) auf den Apfel, der vor allem im Alten Land und in der Vor-Eifel angebaut wird. An der hohen Importquote können wir wenig machen. Die Geschmäcker müssten sich dazu schon sehr ändern.

Versorgung mit Gemüse

In 2019/2020 war es in Deutschland auch beim eigenen Gemüse knapp. Nur etwa 37 Prozent des in Deutschland verkauften Gemüses wurde auch hier produziert. Importe waren bei Tomate, Gurke und Co. nötig, um den eigenen Bedarf decken zu können. Dabei gibt es auch hier Licht und Schatten. So steht Deutschland beispielsweise bei der Produktion von Weiß- und Rotkohl gut da und ist nicht auf Importe angewiesen.

Bleibt die Lebensmittelversorgung sicher?

Die aktuellen Krisen zeigen uns, wie schnell Lieferketten unterbrochen werden können. Hier sollten wir genau hinschauen und uns nicht einseitig abhängig machen von einzelnen Lieferanten. Der Import von Obst und Gemüse scheint mir aber wesentlich breiter gefächert zu sein als der von Gas und Öl. Dennoch besteht die Gefahr, dass auch noch aus ganz anderen Gründen Lieferungen plötzlich nicht mehr in Deutschland ankommen. Dann muss es genug andere Lebensmittel geben, die den Kalorien- und Nährstoffbedarf der Bevölkerung decken. In einem solchen Notfall sollten uns nicht mehr Auswahl und Geschmack interessieren, sondern ein Angebot, das uns satt macht.

Lebensmittelvorrat anlegen – so geht’s

Apropos Notfall: Sollte man Lebensmittel bevorraten? Spätestens seit den Klopapier-Massenkäufen zu Beginn der Corona-Pandemie ist Hamstern uncool. Doch gegen einen guten und maßvollen Vorrat spricht nichts. Im Gegenteil: Ob eine Störung bei der Wasserversorgung wegen einer Baustelle, Stromausfall, gebrochenes Bein oder Quarantäne – es ist praktisch, Lebensmittel im Haus zu haben.

Die Aktion #besserbereit des Regionalverbands Ruhr (RVR) oder das Bundesamt für Katastrophenschutz erklären bestens, wie man einen sinnvollen Lebensmittelvorrat anlegt und wo der Unterschied zum Hamstern liegt. Diese Checkliste des RVR fand ich dabei besonders hilfreich.

Chance für die Zukunft: Ernährungswende

Wir sind gut bei Fleisch und Milchprodukten aufgestellt. Um den Klimawandel zu bremsen, sollten darauf jedoch künftig weitestgehend verzichten. Wie schaffen wir es also, die Produktion von Obst und Gemüse im Gegenzug hochzufahren und auch in unseren Gefilden genug anzubauen? Ganz nebenbei bemerkt: Warum das auch eine Chance für unsere Regionen sein kann, habe ich bereits in diesem Blogbeitrag beschrieben: Regional ist das neue Bio.

Einen Beitrag zu dieser Lebensmittelwende müssen aus meiner Sicht auch die Ökomodellregionen liefern. Sie sollen dazu beitragen, den Ökolandbau in NRW auf 20 Prozent bis 2030 zu steigern. Durch die Ökomodellregionen soll eine „[…] verstärkte und erweiterte Vernetzung von Verarbeitungs- und Vermarktungsmöglichkeiten auf regionaler Ebene, etwa im Lebensmittelhandwerk, im Handel, in der Gastronomie oder in öffentlichen Kantinen, geschaffen werden. Dass sich innerhalb der Regionen zukünftig bessere Absatzpotenziale für ökologisch erzeugte Produkte finden können, soll vor allem das Interesse an einer Umstellung landwirtschaftlicher Betriebe auf die ökologische Wirtschaftsweise steigern.“ 

Neben den Vorteilen für unser Klima birgt der heimische Ökolandbau auch eine Chance für die regionale Lebensmittelproduktion, die wir nicht verstreichen lassen sollten. Zur Wahrheit gehört dann jedoch auch, dass die Landwirtschaft (finanziell) nicht alleine gelassen werden darf bei der Umsetzung dieser hehren Ziele.

Wandel der Lebensmittelversorgung durch Innovation

Eine gute Ernährungspolitik macht unsere Landwirtschaft langfristig nachhaltiger. Und das Bewusstsein um diesen Zusammenhang setzt zunehmend ein, so mein Gefühl. Zum Beispiel wächst das Bewusstsein darum, dass eine stärker pflanzenbasierte Ernährung nicht nur gesünder, sondern auch günstiger und besser für Tiere und Umwelt ist. So kommt die Studie „The Sustainable Food Revolution“ von PwC sogar zu dem Ergebnis, dass der aktuell sehr hohe Fleischkonsum die globale Lebensmittelversorgung gefährdet. Denn: Die Nahrungsmittelindustrie verbrauche mittlerweile zwei Drittel des globalen Frischwassers, verursache drei Viertel der Nährstoffbelastung in Gewässern und ein Viertel aller Treibhausgasemissionen, heißt es in dem Bericht.

Den nötigen Ernährungswandel können wir durch Innovation begleiten. Mit leckeren Alternativen können wir dann sicher auch den noch skeptischen Verbrauchern den Übergang erleichtern.

„Beim Übergang zu dieser Ernährungsweise werden Innovationen wohl gleichfalls eine wichtige Rolle spielen. Milch auf Pflanzenbasis als Alternative zu Kuhmilch wird zunehmend beliebter und als »erstrebenswertes« Lebensmittel vermarktet und wahrgenommen. Dasselbe gilt für pflanzliche und »im Labor produzierte« Alternativen zu Rind- und Hühnerfleisch. Auch bei der Präzisionsfermentierung und der zellulären Landwirtschaft steuern wir auf eine Revolution durch Innovation zu – bei der Mikroorganismen diejenigen Proteine erzeugen, die wir gewöhnlich aus Rindfleisch, Fisch oder Geflügel beziehen.“

Club of Rome

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