NRW-Koalitionsvertrag enttäuscht beim Thema Kies

Was plant die neue NRW-Landesregierung in Sachen Kiesabbau?

Der NRW-Koalitionsvertrag von CDU und Grünen sieht kein Umsteuern beim Abbau von Kies und Sand vor. Im Gegenteil: Statt Ausstiegsszenario soll der Abbau lediglich „auf den notwendigen Bedarf zurückgeführt werden“.

Am kommenden Samstag (25. Juni 2022) sollen die Delegierten beider Parteien einem Koalitionsvertrag zustimmen, der auf 147 Seiten festlegt, was CDU und Grüne in den kommenden fünf Jahren anpacken wollen. Zum Thema Rohstoffgewinnung heißt es konkret:

„Wir wollen die Akzeptanz für die notwendige Rohstoffgewinnung wiederherstellen. Durch ein konsequentes, wissenschaftlich fundiertes Rohstoffmonitoring („Rohstoffbarometer“) soll der Verbrauch von Kiesen und Sanden transparent gemacht und auf den notwendigen Bedarf zurückgeführt werden. Bestehende Lagerstätten unter Berücksichtigung anderer Schutzgüter (z. B. Gewässerschutz) sollen maximal ausgeschöpft werden, um weniger Flächen zu verbrauchen. Versorgungszeiträume beim Kiesabbau möchten wir rechtskonform ausgestalten.“

NRW-Koalitionsvertrag ist eine Enttäuschung

Das ist erst mal eine Enttäuschung, denn nicht nur ich, sondern auch die Bürgerinitiativen hatten darauf gehofft, dass eine neue Landesregierung im NRW-Koalitionsvertrag ihren Willen zum Ausstieg erklärt. Denn ohne politische Ausstiegsvorgaben ist der „notwendige Bedarf“ das, was für den Bau von Häusern und Infrastruktur gebraucht wird. Und das ist eine Menge. Tendenz steigend. Da hilft es auch nichts, wenn später im Text erklärt wird:

„Wir wollen die Landesverwaltung zum Vorbild bei Müllvermeidung, Mehrweg und Recycling machen. Gemeinsam mit unseren Bemühungen um die Förderung des Einsatzes alternativer Baustoffe ermöglichen wir so einen verbindlichen Degressionspfad und perspektivisch einen Ausstieg aus der Kies- und Kiessandgewinnung in den besonders betroffenen Regionen.“

Ich wüsste nicht, wie Recycling in der Landesverwaltung den Bedarf an Kies und Sand senken könnte. Die nicht näher definierten „Bemühungen um die Förderung des Einsatzes alternativer Baustoffe“ sind da schon hilfreicher. Nur: Der „perspektivische Ausstieg“ kommt erst dann infrage, wenn sich hier etwas getan hat. Und Papier ist geduldig…

Ausdrückliches Lob dafür, dass die Koalitionäre bis spätestens 1. Januar 2024 eine auf Kies und Sand beschränkte Umweltlenkungsabgabe beschließen wollen. Sie soll „als marktwirtschaftliches Instrument umweltschädlichen Ressourcenverbrauch wirtschaftlich unattraktiv machen und Finanzmittel zur Sanierung und Entwicklung umweltfreundlicher Alternativen generieren.“ Das kommt der Primärrohstoff-Abgabe schon sehr nahe, die wir als SPD gerne beschlossen hätten. Wenn damit in die Forschung investiert wird – umso besser! Viel besser auch als der rot-grüne Kies-Euro, der komplett in den Landeshaushalt geflossen wäre.

Fazit: Fünf verlorene Jahre drohen!

Bislang dachte ich immer, dass vor allem die FDP in der vergangenen Wahlperiode beim Thema Kiesabbau der Mühlstein am Hals der CDU war. Manch christdemokratischer Kollege klagte hinter verschlossenen Türen das Leid der Fraktionsdisziplin. Mit den Grünen in der Regierung hatte ich gehofft, dass sich die Vernunft durchsetzen würde. Denn nur mit einem Ausstiegsplan und einem Ausstiegstermin vor Augen lässt sich der jahrzehntelange Konflikt um immer neue Baggerlöcher nicht nur am Niederrhein beenden. Zum Wohle von Natur und Menschen. Dieser Ausstieg kommt vorerst nicht. Stattdessen steht nur das absolut Notwendige im NRW-Koalitionsvertrag.

Die Versorgungszeiträume rechtskonform auszugestalten – das geschieht nicht freiwillig, sondern auf Geheiß des OVG Münster. Und hierin liegt meine letzte Hoffnung. Die Richter:innen fordern eine stärkere Abwägung der Umweltaspekte und der Betroffenheit von Bürger:innen und Kommunen. Hier könnte am Ende herauskommen, was vielen Menschen am Niederrhein längst klar ist: Der Kiesabbau muss perspektivisch ein Ende haben und nur die Landespolitik kann diese Frist setzen. Zumindest die Delegierten der Grünen sollten ihren designierten Regierungsmitgliedern dieses Ziel ins Stammbuch schreiben.

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