Stau als Kunstprojekt – vorgetäuschte Realität

Stau in NRW

Stau gehört in Nordrhein-Westfalen zur bitteren Realität. Immer noch. Gut, wenn sich der eine oder andere Stau umfahren lässt dank moderner Technik. Doch können uns Google & Co. auch gehörig in die Irre führen.

#googlemapshacks

Man nehme 99 Smartphones und packe sie in einen Spielzeugkarren. Danach laufe man gemütlich durch die Stadt und siehe da: Google vermeldet alsbald einen dicken Stau auf der Strecke. Dort, wo in der Realität kaum ein Auto unterwegs ist. #googlemapshacks heißt der Hashtag zum Spaß, den sich Künstler Simon Weckert da erlaubt hat.

Doch auch dieser Spaß hat einen ernsten Hintergrund: Wenn es so einfach ist, mithilfe gefälschter Daten ein verzerrtes Bild der Realität im Virtuellen zu erschaffen – was ist dann noch alles möglich? Hier im Blog habe ich bereits mal beschrieben, wie die Bilder auf Google-Streetview dem Betrachter eine Realität vorgaukeln, die es so gar nicht gibt. Der Berliner Architekt Moritz Ahlert hat in einem Aufsatz die Macht virtueller Landkarten sehr schön beschrieben. Sie haben das Zeug, aus virtuellen Ansichten ein für die Nutzer real scheinendes Bild zu zeichnen. Unabhängig davon, wie die Welt tatsächlich ist.

Stau, wo keiner ist

Eltern würden ihren Kindern jetzt raten, doch einfach mal wieder raus zu gehen. Doch ist das keine Lösung des Problems. Wir alle verlassen uns auf datenbasierte Dienste und gehen davon aus, dass sie die Realität abbilden. Tun sie ja meistens auch. Aber eben nicht immer. Auf meinem Weg nach Düsseldorf bekomme ich neben anderen Staus auch immer einen roten Balken auf der Rheinkniebrücke angezeigt. Dort stehen auf dem linken Fahrstreifen tatsächlich Autos im Stau. Ich fahre jedoch rechts ab und muss deshalb nicht warten.

Das sagt mir meine Erfahrung. Und auf die verlasse ich mich. Sie fließt in meine menschgemachte Entscheidung mit ein, nicht die Alternativroute durch die Düsseldorfer Innenstadt zu nehmen, um auf diese Weise drei Minuten Zeit zu sparen! Das und die Gewohnheit, jedes datenbasierte Angebot zumindest einen kurzen Moment lang auf Plausibilität zu prüfen, macht uns alle zu unabhängigen Menschen.

Übrigens wird man dadurch nicht zu einem Technik-Skeptiker. Im Gegenteil: Ich liebe die Kartendienste von Google. Aber so lange der Daten-Algorithmus noch nicht für mich mitdenkt, so lange übe ich mich in menschlicher Intelligenz. 😉

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