7 Tage ohne Facebook: Wunsch nach Resonanz

Sieben Tage ohne. Eine ganze Woche lang verzichten auf Facebook und Twitter. Danach stand mir am Ende des vergangenen Jahres der Sinn. Also löschte ich am 24. Dezember morgens die Apps der beiden Sozialen Medien auf meinem Smartphone. Am Ende wurden mir drei Dinge deutlich.

Jahreswechsel mit Familie und ohne Facebook
Dinge tun und das Ergebnis sehen: Funktioniert am besten analog.

Zunächst tat sich eine riesige Lücke auf meinem Handybildschirm auf. Dort, wo scheinbar schon immer das weiße F und der zwitschernde Vogel um Aufmerksamkeit buhlten, war nun ein Loch. Das heißt, bei meinem iPhone rückten einfach die nebenstehenden Programme eins auf. Einmal aus den täglichen Gewohnheiten gerissen, begann ich nun, alle übrigen Apps auf meinem Smartphone neu zu sortieren. Statt in Ordnern wie „Reise“ oder „Produktivität“ wollte ich jetzt mal was Neues probieren. Rote, gelbe, grüne, blaue Icons sortierte ich jeweils zusammen in einen Ordner. Sparkasse, Todoist, Flipboard liegen seitdem genauso zusammen in einer Schublade wie Evernote, Spotify und WhatsApp.

Apropos: Den Messenger-Dienst löschte ich zwar nicht, dafür veränderte ich meinen Status auf „Bis einschließlich 1.1.2017 nicht erreichbar“ und stellte die Benachrichtigungen ab, die mich sonst stets über neue Nachrichten informierten.

Nicht mehr abgelenkt

Jetzt war ich abgeschnitten von der Welt – oder vielmehr von den Diensten, die uns laut Untersuchungen durchschnittlich 53 Mal am Tag aufs tragbare Telefon blicken lassen. Den Bildschirm schalten wir sogar 88 Mal am Tag ein, um zum Beispiel nach der Uhrzeit zu sehen. „Davon ausgehend, dass wir acht Stunden schlafen und 16 Stunden wach sind, unterbrechen wir also alle 18 Minuten die Tätigkeit, mit der wir gerade beschäftigt sind“, rechnet der Informatiker Alexander Markowetz in seinem Buch „Digitaler Burnout“ vor.

Ich hatte nun keinen Grund mehr, das Smartphone zur Hand zu nehmen, zumal spätestens ab Heiligabend auch keine wichtigen Mails mehr darauf ankommen. Dennoch fühlte ich mich unruhig. Was passiert jetzt dort draußen ohne mich?

Auf einem Auge blind

Es fühlt sich ein bisschen an, als ob man mit einem zugedrückten Auge durchs Leben läuft. Klar, die Realität ist noch da, aber ein anderer Teil meines Lebens war nun offline. Ich war auf einem Auge blind. Kommentare auf meine Posts bei Facebook blieben nun ebenso wie Nachrichten zu Weihnachten und Silvester unbeantwortet. Kein blaues Häkchen, das dem Absender bestätigt, dass seine guten Wünsche auch angekommen sind. Wie würden meine Freunde, Bekannten, Follower wohl auf diese Funkstille reagieren, die ich einzig durch einen Kommentar unter mein weihnachtliches Profilbild angekündigt hatte?

Mit jeder Stunde, in der ich mich mit meiner Familie, einem guten Buch und ungestörten Gesprächen beschäftigte, verblasste dieser innere Trieb, einen Blick auf das Geschehen bei Facebook zu werfen. Unglaublich, wie sehr es mich entspannte, nicht mehr davon getrieben zu sein, über meine Timeline auf dem Laufenden zu bleiben. Statt der zigfachen vermeintlichen „Breaking News“, die immer wieder um Aufmerksamkeit buhlen, informierte mich einzig der Push-Dienst der „Deutschen Welle“ über so wichtige Dinge wie den Tod von George Michael. Keine Fake-News, keine echauffierten Diskussionen unter kreischenden Schlagzeilen, kein Endlos-Teilen der immer gleichen Scherzartikel.

Fazit nach einer Woche ohne Facebook

87 Benachrichtigungen nach einer Woche ohne Facebook
Was in einer Woche ohne Facebook so geschah, passt in 87 Meldungen.

Jetzt, am 2. Januar 2017 öffne ich zum ersten Mal seit mehr als einer Woche wieder Facebook und siehe da: Alles steht noch. Die 87 Benachrichtigungen in Abwesenheit habe ich schnell durchgesehen – zumeist sind es Meldungen aus Gruppen, gemeinsame Erinnerungen und Hinweise auf anstehende Geburtstage. Die sieben Freundschaftsanfragen entpuppen sich als drei ernstzunehmende Menschen (danke, dass ihr dabei seid!) und vier Spam-Profile junger Frauen, die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe (und wohl auch nie sehen werde). Ich klicke sie weg und wende mich den Nachrichten zu, von denen es nur zwei gibt. Über beide freue ich mich sehr und weiß, dass ihre späte Beantwortung keine Schatten auf Freund- und Bekanntschaften wirft!

Drei Erkenntnisse

Was bleibt also von sieben Tagen ohne soziale Medien? Drei Erkenntnisse habe ich gewonnen – und sie klingen zum Teil recht banal:

  1. Ich mag soziale Medien und die Möglichkeiten, die sie bieten. Deshalb möchte ich sie auch weiterhin intensiv nutzen. Auf eine positive Art und Weise. Ich habe das schon mal ein bisschen in diesem Blogbeitrag beschrieben. Zuversicht statt Schwarzmalerei. Respekt statt Hass. Gemeinsam statt gegeneinander. Wir alle können das. Lasst es uns angehen!
  2. Die Abbildung der Welt bei Facebook und Co. entspricht nicht der Realität. Das sollten wir uns regelmäßig vor Augen führen, indem wir abschalten. Denn erst das echte Leben bringt uns „Resonanz“, wie der Soziologe Hartmut Rosa es nennt. Er empfiehlt, Dinge zu tun, um das Ergebnis zu sehen. Auf diese Weise eine „Resonanz“ zu spüren und vielleicht auch sich selbst. Am besten gemeinsam mit anderen Menschen, die uns etwas bedeuten. Klingt nach Kitsch, ist es aber nicht. Es ist das reale Leben – analog und sowas von genial 1.0! Ich möchte deshalb mein Experiment fortsetzen, indem ich einmal pro Quartal ein Offline-Wochenende nehme.
  3. Diskussionen zwischen Menschen machen sehr viel Spaß – online wie offline. Man darf dabei jedoch nie das Gefühl verlieren, mit den eigenen Argumenten den anderen erreichen zu können. Nicht jeder muss meine Meinung am Ende teilen. Jeder sollte sie aber verstehen und akzeptieren – so, wie ich das umgekehrt ebenfalls tue. Wenn das nicht geht, breche ich in der Realität ziemlich schnell das Gespräch ab, weil ich auch hier Resonanz vermisse. Bei Facebook und Co. werde ich das in Zukunft ebenso handhaben.

Die Apps von Facebook und Twitter sind übrigens jetzt wieder auf meinem Smartphone. Sie stecken im Ordner „Blau“ gemeinsam mit Shazam und einer Wetter-App.

2 Kommentare zu „7 Tage ohne Facebook: Wunsch nach Resonanz“

  1. Hallo René,

    im letzten Urlaub haben wir die Smartphones auch abgeschaltet und durch mehrere gute Bücher ersetzt – der Grad der Entspannung stieg auf ein mir bis dato unbekanntes Level!

    Dennoch kann ich mir so eine „Auszeit“ wirklich nur im Urlaub vorstellen, was wohl auch am Beruf liegt. Ich freue mich jedenfalls drauf!

    Ein ENTSPANNTES Jahr 2017 wünsche ich dir!

    LG,
    Kai

  2. Hallo Rene,

    ich kann so eine Phase mit dem Entzug von Facebook und Co nur empfehlen. Wir habe diese Erfahrung in den letzten beiden Urlauben sehr genossen. Da war oft kein WLAN, eine SIM-Karte für das Land hatten wir absichtlich nicht gekauft.

    Und ich muss sagen, es war herrlich. Einfach mal die Ruhe geniessen, nicht ständig auf das Display schauen. Denn die Welt dreht sich auch ohne dass wir online sind, die Dramen nehmen sowieso ihren Lauf. Und manchmal ist es vielleicht auch besser, nicht jede Katastrophe von der ersten Sekunde an live zu verfolgen.

    LG Thomas

    PS: An dieser Stelle wünsche ich Dir und Deinen Lieben noch ein tolles 2017!

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