Mit Big Data auf Verbrecherjagd

Einen Einbrecher auf frischer Tat ertappen – ein Traum. Einen potenziellen Verbrecher festzunehmen, bevor er selbst überhaupt weiß, dass er eine Tat verüben will – ein Albtraum. Zwischen der Prognosesoftware „PRECOBS“ und den Precogs aus dem Science-Fiction-Film „Minority Report“ liegen (noch) Welten.

Einbrecher bei der Arbeit
Einbrecher bei der Arbeit – mit RECOBS wäre das nicht passiert. (Bild: blu-news.org, CC BY-SA 2.0)

In einem Büro im Oberhausener Stadtteil Sterkrade arbeitet Dr. Thomas Schweer daran, Einbrüche vorhersagbar zu machen. Alles, was er dafür braucht, sind Daten. Der Kriminologe verarbeitet die Einbruchmeldungen der vergangenen fünf bis sechs Jahre: Tatzeit, Tatort, Vorgehensweise und Beute. Sehr viel mehr Parameter braucht er nicht, um nach einigen Testläufen und Feinabstimmungen für ganze Städte und Regionen tagesaktuelle Warnmeldungen auswerfen zu können.

„Near Repeats“, die nahen Wiederholungen, sind es, auf denen die Prognosen basieren. Wird in einer Gegend eingebrochen, so steigt die Wahrscheinlichkeit eines baldigen Wieder-Einbruchs um das Fünffache. Will sagen: Wenn Profi-Einbrecher einmal wissen, wie sie am besten ins Haus kommen, und welche Beute sie erwarten dürfen, kommen sie gerne alsbald wieder. Denn Schmuckschatullen und Geldkassetten sind meist schnell wieder gefüllt, nachdem die Versicherung den Schaden reguliert hat.

Wird der PRECOBS-Software also ein Einbruch gemeldet, der ins Muster passt, spuckt der Computer eine Warnung an die Einsatzkräfte aus. „Schaut in den kommenden Tagen da und dort mal genau hin“, empfiehlt dann das Programm. Einsatzpläne und Streifentouren können darauf abgestimmt werden, so dass Wiederholungstäter entweder abgeschreckt oder gleich dingfest gemacht werden können. In Zürich, wo das Institut für musterbasierte Prognosetechnik (IfmPt) von Thomas Schweer bereits seit einiger Zeit tätig ist, soll die Verbrechensrate dadurch bereits um 30 Prozent gesunken sein.

Wohlgemerkt: Einen Einbruch aus heiterem Himmel in Haus oder Auto kann die Software nicht vorhersagen, aber sie erkennt Muster und Wiederholungswahrscheinlichkeiten. Dabei stehen die kriminellen Profis im Fokus, die nie sehr viel mehr stehlen, als in eine Socke passt. Drogensüchtige, die für den nächsten Schuss irgendwo einsteigen, sind dagegen ebenso unberechenbar, wie Täter aus dem persönlichen Umfeld, die statt der Brechstange den Wohnungsschlüssel benutzen. Beide Tätergruppen werden bereits anhand der Parameter „Beute“ und „Tatwaffe“ aus den Berechnungen ausgeschlossen.

Je mehr Daten, desto genauer die Analyse, möchte man meinen. Doch Thomas Schweer widerspricht. Dem Ansinnen des NRW-Innenministeriums, das künftig gerne eine Analysesoftware nutzen möchte und dafür zusätzlich auf Wetterdaten zurückgreifen will, sieht der Kriminologe skeptisch. „Es fehlt der Beweis, dass das Wetter etwas mit der Einbruchwahrscheinlichkeit zu tun hat“, stellt er nüchtern fest. Rein technisch könne man dagegen die Wetterprognosen genauso wie jedes andere Datum jederzeit hinzunehmen. Auf personenbezogene Daten werde man aber auch künftig verzichten – auch weil sie für die Errechnung der Einbruchwahrscheinlichkeit unnötig sind.

Im Film „Minority Report“ sind es die so genannten „Precogs“, die durch ihre Vorhersagen potenzielle Verbrecher bereits vor dem Begehen einer Tat überführen. Diese Wesen beherrschen die wissenschaftlich nicht nachweisbare Gabe der „Präkognition“. Lässt sich diese vielleicht eines Tages mithilfe von Big Data auf technischem Wege realisieren? „Ich glaube nicht, denn bei allen erkennbaren Mustern bleibt am Ende noch der Faktor Mensch. Und der lässt sich nicht vorhersagen.“

Bildquelle: blu-news.org, CC BY-SA 2.0)

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