Alles im Fluss: Vier Wünsche auf dem Weg zur digitalen Stadt

Beim NRW-Fortschrittskongress 2015 in Köln wurde diesmal über die Digitalisierung gesprochen. Zwei Stunden Programm lassen zugegebenermaßen nur das Kratzen an der Oberfläche zu. Vom Workshop „Digitale Stadt“ hätte ich mir dennoch mehr versprochen als Plattitüden wie „Alles ist im Fluss“.

Noch der beste Ausblick vom NRW-Fortschrittskongress zum Thema "Digitale Stadt": der Blick auf den Kölner Mediapark.
Noch der beste Ausblick vom NRW-Fortschrittskongress zum Thema „Digitale Stadt“: der Blick auf den Kölner Mediapark.

Vielleicht war es der Technikskepsis des Podiums geschuldet, das sich lieber „die persönliche Begegnung im Quartier“ als den Austausch übers Netz wünschte. Geschenkt. Die Digitalisierung ist nicht zu stoppen – also gestaltet sie lieber:

  • Sorgt für schnelles Internet: Noch immer klaffen riesige Lücken im Breitbandatlas. Selbst an der Peripherie der Metropolen franzt die Versorgung mit schnellem Internet aus. Ganz zu schweigen vom ländlichen Raum, wo es Gemeinden gibt, die von 50-Mbit-Verbindungen nur träumen können. Es gibt Ortsteile, in denen es schon heute schwer ist für Wohnungseigentümer, neue Mieter zu finden. Die tolle Aussicht auf sattgrüne Wiesen reicht eben nicht mehr als Argument, damit junge Familie sich hier niederlassen. Eine sehr gute digitale Infrastruktur hat längst auch bei Gewerbetreibenden den Platz 1 auf der Must-Have-Liste erobert. Wohn- und Gewerbegebiete der Zukunft müssen diesen Wünschen Stand halten.
  • Sorgt für kostenloses Internet: Gott sei Dank kommt langsam Bewegung in die Diskussion um eine nutzerfreundliche Störerhaftung. Erst wenn sie so geregelt ist, dass jeder Stadtbewohner seine überschüssigen Bandbreiten öffentlich zur Verfügung stellen kann, ohne für Gesetzesbrüche anderer belangt zu werden, kann sich kostenloses Internet für alle wirklich durchsetzen. Das ist wichtig, weil wir alle wie selbstverständlich unsere mobilen Endgeräte nutzen, um unterwegs Wege zu finden, Nachrichten zu lesen und Antworten zu googeln. Und das am liebsten mit einer breitbandigen WLAN-Verbindung, statt in löchrigen Mobilfunknetzen. Durch Freifunk vernetzen sich Innenstädte und die Bürger bereits miteinander. Soziale Netze wie dieses können reale soziale Kontakte ergänzen und werden sie höchst wahrscheinlich irgendwann fast gänzlich ersetzen.
  • Sorgt für Mehrwert durch Teilen: Es gibt so viele wunderbare Beispiele für Anwendungen, die auf Offenen Daten basieren. Diese werden von Städten und Gemeinden erhoben und anschließend kostenfrei weitergegeben. Daraus basteln dann Dritte neue Anwendungen, die das Leben leichter machen. Denn was die Digital Natives längst wissen, müssen viele (nicht alle!) Verwaltungen und Mandatsträger erst noch lernen: In der digitalen Welt wird man an vielen Stellen reicher, wenn man das teilt, was man hat! Gilt übrigens auch für Open-Source-Software und Unterrichtsmaterialien, die man – einmal erstellt – auch gut in anderen Schulen und Klassen benutzen könnte.
  • Sorgt für politische Partizipation im Internet: Nicht jeder Mensch hat die Gelegenheit, die kommunalpolitischen Weichenstellungen seiner Heimatkommune live in Ausschuss- und Ratssitzungen mitzuerleben, geschweige denn mit zu diskutieren. Dabei hat jeder Bürger eigene Vorstellungen und Meinungen, wie es in seiner Stadt weitergehen soll. Diese Gedanken auszudrücken, dafür kann man in der digitalen Welt Kanäle finden. Bestes Beispiel sind Seiten wie change.org oder „Maerker Brandenburg“, in denen Online-Petitionen und lokale Anfragen von jedermann via Internet in den (kommunalpolitischen) Prozess eingespeist werden können. Im Gegenzug lassen sich politische Beschlüsse so darstellen wie im Portal „Hier bei uns“.

Vieles von dem, was ich hier schildere, kann nur gelingen, wenn es bei den Beteiligten ein Grundverständnis für die digitale Welt und damit auch für die digitale Stadt gibt. Dieses Verständnis habe ich beim Workshop in Köln vermisst. Doch statt sich entmutigen zu lassen, sollten wir umso deutlicher an der positiven Transformation der Städte und Gemeinden mitarbeiten. Durch Aufklärung. Durch Positivbeispiele. Durch das Aufzeigen von Perspektiven.

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