Heute (12. März) ist „Welttag gegen Internetzensur“. Nicht nur totalitäre Staaten versuchen immer wieder das Netz zu zensieren. Jan Bergmann nennt in seinem Gastbeitrag Beispiele und zeigt, dass Zensur letztlich nie etwas positives bewirkt.
Das Wort „Zensur“ kommt vom lateinischen censere und bedeutet wörtlich übersetzt „begutachten, beurteilen, prüfen“. Von Internetzensur spricht man, wenn Angebote und Webseiten im Internet von einer staatlichen Behörde oder eines wirtschaftlichen Dienstanbieters vorgeprüft und der Zugang zur entsprechenden Information verweigert wird.
Internetzensur, das klingt nach totalitären Staaten, die ihre politischen Gegner mundtot machen und keinerlei Meinungsfreiheit zulassen. Bekanntes ist hier die Volksrepublik China mit ihrem „Golden Shield Project“, das im Volksmund auch große Firewall von China genannt wird. Durch dieses Sperrsystem werden der chinesischen Bevölkerung und auch allen Besuchern im Land, wie zum Beispiel Reportern, große Teile des Internets vorenthalten. Was genau und warum gesperrt wird, wird nicht offiziell bekannt gegeben. Der Zugang zu sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter oder Youtube wird generell verweigert und auch kritische Nachrichtenseiten, die sich mit Meinungsfreiheit und Polizeibrutalität auseinandersetzen, werden rigoros gesperrt.
Jedoch gab es auch in Deutschland und der EU bereits Bewegungen Teile des Internets zu zensieren. Einige werden sich sicher noch an die Debatte um das Zugangserschwerungsgesetz 2009 erinnern, bei dem gefordert wurde, dass illegale Internetseiten durch das BKA durch STOP-Schilder gesperrt werden. Die Debatte um dieses Gesetz brachte der damaligen Bundesfamilienministern Ursula von der Leyen den Spitznamen „Zensursula“ ein. Gegen dieses bereits vom Bundestag verabschiedete Gesetz entbrannte reger Widerstand in der Bevölkerung: 134.000 Menschen zeichneten eine Gegenpetition. Das Gesetz trat niemals in Kraft und wurde 2011 mit breiter Mehrheit im Bundestag aufgehoben.
Das vermutlich stärkste Argument der Befürworter einer Zensur war und ist bis heute die Verbreitung von Kinderpornographie. In Dänemark, Finnland, Italien, Neuseeland, Norwegen, Schweden und der Schweiz wurde 2010 der „Child Sexual Abuse Anti Distribution Filter“ eingeführt, der Kinderpornographie aus den Netzen verbannen sollte. Auch in der russischen Föderation wurde 2012 eine Zensurinfrastruktur zum Schutz von Kindern eingeführt, die offiziell Kinderpornographie, Internetseiten über Drogenkonsum und Suizid aus dem Netz zensieren sollen. Diese Zensurinfrastruktur wird jedoch nach Medienberichten auch für das die Zensur von regierungskritischen Websites genutzt.
Um das Kinderpornogaphie-Argument zu entkräften schrieb 2009 der Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur zahlreiche Webseitenanbieter an und bat diese, kinderpornographische Webseiten vom Netz zu nehmen. Der Großteil der Seiten wurde innerhalb von 12 Stunden gelöscht. Kinderpornographie ist in jedem Land der Welt verboten und kann so mit rechtsstaatlichen Mitteln effektiv bekämpft werden. Die Zusammenarbeit der Exekutiven mag vielleicht länger dauern, als das Einrichten von Netzsperren, jedoch ist die direkte Abschaltung von Inhalten und die rechtliche Verfolgung der Täter definitiv nachhaltiger.
Eine Zensur versteckt Inhalte nur und löscht diese nicht. Kriminelle werden durch die Sperre von Seiten vorgewarnt und können so ihre Spuren verwischen. Für die Sperrung von Seiten benötigt man eine Zensur-Infrastruktur, die schnell Begehrlichkeiten nach mehr Sperren wecken kann: Aus der Sperrausweitung von Kinderpornographie auf beispielsweise rechtsradikale Inhalte kann schnell eine politische Zensur von ungeliebten Meinungen werden (siehe Russland).
Die Sperren sind außerdem leicht zu umgehen, in der Regel werden sogenannte DNS Sperren verwendet: Die gesuchte Internetseite wird einfach auf eine andere Internetseite umgeleitet. Dieser Barriere kann man durch technische Maßnahmen, wie zum Beispiel der Nutzung eines eigenen DNS Servers, eins Proxy-Servers in einem anderen Land oder der Nutzung des komplett anonymen TOR-Netzwerkes mit wenig technischem Sachverstand leicht unterwandern.
Statt zu sperren, sollte man alles daran setzen, illegale Inhalte nachhaltig zu löschen und die Kriminellen dingfest zu machen. Statt gefährliche Meinungen zu zensieren, sollte man zur Aufklärung greifen, damit gefährliches Gedankengut keinen Nährboden mehr findet. Zensur ist definitiv immer das falsche Mittel und diesem Umstand sollte man nicht nur am 12. März dem „Tag der Internetzensur“ Rechnung tragen.
Autor: Jan Bergmann
Bild: Karsten Suehring (Flickr), CC BY-SA 2.0